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Urteil: Zinsenstreit - "SMR/VIBOR-Halbe" kann taugliche Ersatzklausel sein

In einem Musterprozess des VKI (im Auftrag des BMSG) gegen die GARA (BAWAG) bestätigt der OGH seine bisherige Judikatur und sieht die neue Zinsgleitklausel der Bank als möglich Ersatzklausel als denkbar an. Dazu bedarf es aber weiterer Feststellungen durch einen Sachverständigen.

Im Jahr 1991 hatte die klagende Verbraucherin (formal ist der VKI, nach Abtretung der Ansprüche, Kläger im Verfahren) bei der beklagten Bank einen Verbraucherkredit über 700.000,- ATS aufgenommen; rückzahlbar in 300 Monats-Pauschalraten zu je 6.510,- ATS.

Im Kreditvertrag fand sich folgende Zinsanpassungsklausel: "Wir sind berechtigt, im Falle der Erhöhung der Bankrate der ÖNB oder bei einer allgemeinen Erhöhung der Refinanzierungskosten sowie bei einer generellen Steigerung der Personal- und Sachkosten Kreditzinsen, Kreditprovision und Verzugszinsen in einem dieser Steigerung entsprechendem Ausmaß für den zu diesem Zeitpunkt noch offenen Schuldbetrag zu erhöhen".

Die beklagte Bank hatte zunächst den variablen Zinssatz mehrfach erhöht, dann hin und wieder auch geringfügig gesenkt.

Im Oktober 1997 hat die Kreditnehmerin den Kredit vorzeitig zurückbezahlt.

Im März 2000 klagte der VKI - nach Abtretung der Ansprüche durch die Kreditnehmerin - die Bank auf Rückzahlung von 7.946,77 Euro. Der Rückforderungsbetrag wurde auf Basis der neuen Zinsgleitklausel, die die beklagte Bank seit 1.3.1997 selbst verwendet berechnet.

Der vom Erstgericht bestellte Sachverständige sah diese Ersatzklausel als sachgerecht an; die beklagte Partei stellte die rechnerische Richtigkeit der Schadensberechnung des VKI ausser Streit.

Das Erstgericht sprach den Klagsbetrag zu. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verlangte vom Erstgericht weitwendige Verfahrensergänzungen. Gegen den Aufhebungsbeschluss richtete sich der Revisionsrekurs.

Der OGH bestätigte zwar den Aufhebungsbeschluss, reduzierte die Verfahrensergänzungen aber alleine darauf, zu prüfen, ob und in welchem Umfang es zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses objektive Parameter gab; ob die vom Kläger gewünschte Klausel herangezogen werden könne, sei am Erfahrungshorizont zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu prüfen.

Falls sich bei der Feststellung eines "hypothetischen Parteiwillens" Schwierigkeiten ergeben würden, bleibe die Ergänzung nach redllicher Verkehrsübung, Treu und Glauben (9 Ob 62/94i). Auch dies könne dazu führen, dass eine Gleitklausel als vernünftige Mitte gefunden werde.

OGH 11.8.2005, 2 Ob 98/03f
Klagevertreter: Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG

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