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Nachträglicher Zahlungsaufschub bei Kredit

Ein Kreditnehmer konnte seinen Kredit nicht mehr ausreichend zurückzahlen. Er schloss daher mit der Kreditgeberin eine Stundungsvereinbarung ab. Die OGH-Entscheidung behandelt die Folgen dieser Vereinbarung, schließlich entstanden dadurch Überziehungszinsen iHv rd EUR 17.500,--.

Ein Konsument kam bei einem hypothekarisch gesicherten Kreditvertrag immer wieder mit der Zahlung von Raten in Verzug. Die beklagte Kreditgeberin stellte daher den Kredit im Juli 2014 fällig. Daraufhin teilte der Kreditnehmer mit, dass er fortan wieder ordnungsgemäß bedienen, den Rückstand ausgleichen werde und eine erhöhte Ratenzahlung iHv EUR 1.000,-- leisten werde. Die Beklagte war damit einverstanden, teilte aber mit, dass diese Vereinbarung bis 30.60.2015 befristet wäre. Mit Schreiben vom 21.9.2015 wies die Kreditgeberin auf den Ablauf der Rückzahlungsvereinbarung hin.

Anfang 2017 wollte der Kreditnehmer umschulden. Auf dem Konto waren rund EUR 17.500,-- an Überziehungsprovision für Zeitraum von 1.7.2014 bis Anfang 2017. Nach Zahlung unter Vorbehalt, klagte er diesen Betrag ein. In der Verhandlung erklärte der den Rücktritt nach § 12 VKrG „vom Kreditvertrag mit den überhöhten Zinsen“.

Die Klage wurde abgewiesen.

Kein Neuerungsvertrag

Ein redlicher, verständiger Kreditnehmerin der Lage des Klägers konnte die geführte Korrespondenz vielmehr eindeutig nur dahin auffassen, dass sich die Beklagte stets auf die von ihr erklärte Fälligstellung und ihre daraus resultierende Möglichkeit, den gesamten aushaftenden Betrag sofort gerichtlich einzubringen, bezog. Daraus ergibt sich, dass die Beklagte das Rechtsverhältnis eindeutig nicht vom bestehenden Vertrag lösen wollte. Die Formulierung, es sei aufgrund der Fälligstellung „eine neue Regelung zu treffen“, konnte vor diesem Hintergrund nur dahin aufgefasst werden, dass die Beklagte grundsätzlich zu einer Vereinbarung über die Rückzahlungsmodalitäten im Sinn einer reinen Stundung bereit war.

Zeitlicher Anwendbarkeit des VKrG

Mit 21.3.2016 trat das HIKrG in Kraft und das VKrG wurde dahin novelliert, dass die Hypothekar- und Immobilienkredite von seinem Anwendungsbereich ausgenommen wurden (§ 4 Abs 2 Z 6 und 7 VKrG). Das HIKrG ist nur auf Kreditverträge und Kreditierungen, die nach dem 20. 3. 2016 geschlossen bzw gewährt wurden, anzuwenden. Nach ausdrücklicher Anordnung des § 31 Abs 2 zweiter Satz HIKrG sind auf Kreditverträge und Kreditierungen, die vor dem 21. 3. 2016 geschlossen bzw gewährt wurden, „die bisherigen Bestimmungen“, also das VKrG idF vor der Novelle BGBl I 2016/135 anzuwenden. Auf die zwischen den Parteien im November 2014 getroffene Stundungsvereinbarung kommt daher – vom zeitlichen Anwendungsbereich her – das VKrG zur Anwendung.

Kein entgeltlicher Zahlungsaufschub iSv § 25 VKrG

Die nachträglich erklärte Stundung – und zwar sowohl die echte, also die Fälligkeit hinausschiebende, als auch die reine, die Fälligkeit nicht hinausschiebende – wird als Fall eines Zahlungsaufschubs im Sinn des VKrG angesehen. So ist etwa eine Tilgungserstreckung (Prolongation) eines Kredits als Zahlungsaufschub im Sinn des VKrG zu qualifizieren.

Der Zahlungsaufschub muss, um nach § 25 Abs 1 VKrG den Vorschriften des 2. Abschnitts unterworfen zu sein, entgeltlich erfolgen. Entgeltlichkeit eines Zahlungsaufschubs liegt vor, wenn sich die spätere Zahlungspflicht des Verbrauchers gegenüber der sofortigen Zahlung monetär in einer höheren Zahllast des Verbrauchers niederschlägt; es kommt somit darauf an, ob die Höhe des vom Verbraucher zu zahlenden Gesamtbetrags danach differenziert, ob er den Betrag bei Fälligkeit zur Gänze bezahlt oder ob die Zahlung (teilweise) später erfolgt. Wird für einen notleidenden Kredit (bloß) eine Tilgungserstreckung vereinbart, so wird der Vertrag zwar im Ergebnis für den Verbraucher teurer, weil auf die gestundeten Raten für einen längeren Zeitraum als ursprünglich vorgesehen Vertragszinsen verrechnet werden. Allein daraus resultiert aber noch keine Entgeltlichkeit, und zwar auch dann nicht, wenn sich bei einem variabel ausgestalteten Vertragszinssatz infolge einer Zinsanpassung ein zum Nachteil des Verbrauchers veränderter Sollzinssatz ergibt.

Im vorliegenden Fall wurde im Juli 2014 keine Regelung über das vom Kläger zu leistende Entgelt getroffen; damit wurde die bereits im ursprünglichen Kreditvertrag getroffene Vereinbarung von Kreditzinsen und Überziehungsprovisionen weder abgeändert noch neu gefasst; zusätzliche Kosten wurden nach dem Klagevorbringen nicht vereinbart.

Folgen eines allfälligen Rücktritts nach § 12 Abs 1 VKrG

Selbst wenn das VKrG anwendbar wäre, könnte ein Vertragsrücktritt nach § 12 Abs 1 VKrG das geltend gemachte Klagebegehren nicht tragen.

Nach § 12 Abs 3 VKrG hat der Verbraucher dem Kreditgeber nach dem Rücktritt unverzüglich, spätestens jedoch binnen 30 Kalendertagen, den ausgezahlten Betrag samt den seit der Auszahlung aufgelaufenen Zinsen zurückzuzahlen. Die Zinsen sind auf der Grundlage des vereinbarten Sollzinssatzes zu berechnen (§ 12 Abs 3 Satz 2 VKrG).

Beim Rücktritt vom Zahlungsaufschub iSd § 25 VKrG passt diese Regelung nicht, weil kein Geld ausgezahlt wurde. Die Rückabwicklung eines nachträglich, also nach Abschluss des ursprünglichen Vertrags gewährten Zahlungsaufschubs ist dennoch möglich: Diesfalls verliert lediglich die Änderungsvereinbarung ihre Wirkung und die aufgeschobene Zahlungspflicht des Verbrauchers lebt wieder auf.

Ein Grundlage dafür, den vertraglich vereinbarten Sollzinssatz herabzusetzen, vermag daher aufgrund von § 12 Abs 3 Satz 2 VKrG auch das Rücktrittsrecht gemäß § 12 Abs 1 VKrG nicht zu bieten.

OGH 26.2.2021, 10 Ob 35/20z

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