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Urteil: Reisepreiserhöhungen von TUI im Sommer 2004 - rechtswidrig

Das OLG Wien bestätigt in einer Verbandsklage des VKI (geführt im Auftrag des BMSG) gegen TUI wieder einmal die Rechtsansicht des VKI: Die Preisänderungsklausel in den Reisebedingungen ist gesetzwidrig und stellt keine vertragliche Basis für die Nachverrechnung von Preiserhöhungen dar.

Der VKI ging gegen eine Preisänderungsklausel in den AGB von TUI mit Verbandsklage vor. In erster Instanz wurde TUI verboten, die Klausel weiter zu verwenden bzw sich darauf zu berufen. Nach Berufung wurde das Ersturteil soeben vom OLG Wien bestätigt. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen; bleibt TUI nur noch eine "ausserordentliche Revision".

TUI hatte sich mit allen möglichen Argumenten gegen die Klage gewehrt. So auch damit, dass der VKI nicht zur Klage legitimiert sei, weil die Wirtschaftskammer Mitglied des VKI sei; das widerspreche der Unterlassungsklagen-Richtlinie der EU. Das OLG Wien hat diesen Einwand - wie das Erstgericht - verworfen. Dass der VKI den Schutz von Verbraucherinteressen diene, wurde als "notorisch" angesehen; das könne "nicht ernsthaft bezweifelt werden". Auf der anderen Seite sei der Richtlinie nicht zu entnehmen, dass eine klagslegitimierte Organisation keine sozialpartnerschaftliche Mitgliederstruktur aufweisen dürfe. Der VKI sei daher natürlich zur Verbandsklage legitimiert.

Der Anspruch auf Unterlassung der Verwendung bzw des Sich-Berufens auf eine gesetzwidrige Klausel verjährt - anders als im UWG - binnen 30 Jahren. Da aber als Voraussetzung für eine Klage Wiederholungsgefahr bestehen müsse, stelle das keine Belastung für Unternehmer dar. Da TUI seine Vorgangsweise im Prozess verteidigt habe, liege auch zweifellos Wiederholungsgefahr vor.

TUI versuchte ein Schreiben an Reisevermittler aus Sommer 2004 - wonach eine Preiserhöhung auch bei bestehenden Verträgen "unumgänglich" sei - als reine Information darzustellen. Das OLG Wien führt aus, dass diese Deutung "dem Inhalt des Schreibens widerspreche" und "unhaltbar" sei. Natürlich lägen Weisungen von TUI an die Vermittler vor, einseitige Preiserhöhungen vorzunehmen.

Die Preisänderungsklausel

"Der Veranstalter behält sich vor, den mit der Buchung bestätigten Reisepreis aus Gründen, die nicht von seinem Willen abhängig sind, zu erhöhen, sofern,der Reisetermin mehr als zwei Monate nach dem Vertragsabschluss liegt. Derartige Gründe sind ausschließlich die Änderung der Beförderungskosten - etwa Treibstoffkosten - ..."

wurde als unwirksam angesehen, weil die Klausel keine genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthält und der Abdruck des Pkt 8.1. ARB 1992 ohne Erklärung intransparent ist.

Dem Argument, dass eine gesetzeskonforme Gestaltung der Klausel nicht möglich sei, hielt das Gericht entgegen, dass dem zum einen nicht so sei und zum anderen der Veranstalter von einer nachträglichen Preiserhöhung auch Abstand nehmen könne.

OLG Wien 30.8.2005, 3 R 32/05f
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Klagevertreter: Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG

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