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Urteil: Verjährung: Fremdwährungskredit

Der Hinweis auf eine Deckungslücke bei Vertragsablauf des Tilgungsträgers macht deutlich, dass die dann aushaftende Kreditsumme nicht abgedeckt werden kann, und betrifft damit das Veranlagungskonzept als Gesamtes.

Feststellungsklage auf Schadenersatz gegen eine Versicherung wegen der Aufnahme eines endfälligen Fremdwährungskredites (Gegenwert EUR 272.000,--) bei der Nebenintervenientin und Vermittlung einer fondsgebundenen Lebensversicherung als Tilgungsträger bei der beklagten Versicherung. Weiters schloss der Kläger nach Empfehlung eines Agenten der Beklagten im Rahmen eines "3-Säulen-Konzepts" eine Rentenversicherung mit Gewinnbeteiligung bei der Beklagten ab (2001). Der Kläger wollte eine sichere Vorsorge. Am 12.2.2009 hat die Nebenintervenientin dem Kläger mitgeteilt, dass eine Deckungslücke (iHv EUR 20.000,--) bestehe. Die Klage wurde wegen Verjährung abgewiesen.


Bereits der Abschluss des - in dieser Form nicht gewollten - Vertrags begründet den Primärschaden, mit dessen positiver Kenntnis die 3jährige Verjährungsfrist gem § 1489 ABGB auch dann in Gang gesetzt werde, wenn der Geschädigte die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern könne, weil ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt bzw diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten seien. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit der gewählten Anlageform eingetretener weiterer Schaden sei dann als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit Kenntnis vom Eintritt des Erstschadens beginne. Bei Beratungsfehlern in Bezug auf Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzepte, die eine Kombination von Fremdwährungskrediten mit verschiedenen Tilgungsträgern vorsehen, ist für den Beginn des Fristenlaufes entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzept - entgegen den Zusagen - nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist. Für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist ist es hier nicht von Bedeutung, dass der Rückkaufswert einer Lebensversicherung regelmäßig nicht der Summe der eingezahlten Prämie entspricht.


Die - den Primärschaden darstellende - Risikoträchtigkeit des Gesamtkonzepts ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn es sich rein rechnerisch nicht mehr ohne zusätzliche Vermögensverminderung im Vergleich zur (herkömmlichen) Tilgung des Darlehens entwickeln konnte. Die Risikoträchtigkeit des gewählten Veranlagungskonzepts musste dem Kläger aufgrund der Informationen vom 12.2.2009 bekannt sein.

OGH 30.8.2016, 1 Ob 88/16x
Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien

Anmerkungen:
- Außeracht gelassen wurde hier, dass das Modell aus 3 Teilen (FWK, Lebensversicherung und Rentenversicherung) besteht, daher die Mitteilung über die Deckungslücke nur die Lebensversicherung bzw den FWK betraf und nicht das Gesamtkonzept des 3-Säulen-Modells.
- Bemerkenswert ist auch, dass bereits die Mitteilung über eine Deckungslücke iHv 20.000,-- bei einem Gesamtkreditvolumen von mehr als dem Zehnfachen, die Verjährung des gesamten Anspruches in Gang setzt.

Das Urteil im Vollltext.

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