Zum Inhalt

Urteil: Unfaire Geschäftsbedingungen von Banken

Handelsgericht Wien beurteilt erneut dreizehn von neunzehn Klauseln als gesetzwidrig

Die Vorgeschichte: Seit Jahren prozessiert der Verein für Konsumenteninformation (VKI) gegen unfaire Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der österreichischen Banken. Die Gerichte hatten mit ihren Urteilen die österreichischen Banken gezwungen, ihre alten AGB (sie beruhten auf den AGB-KU 1979) konsumentenfreundlicher zu gestalten. Erreicht wurden diese Erfolge mit den Verbandsklagen des VKI im Auftrag des Justizministeriums (BMJ) gegen die CA und ERSTE Bank. Seit 1.1.2001 arbeiten die Banken mit den neuen AGB für das Bankgeschäft (AGB Krud). Wermutstropfen: Die neuen AGB enthalten nach Ansicht des VKI und des BMJ neuerlich in zumindest 19 wesentlichen Punkten gesetzeswidrige Bestimmungen. Der VKI hat daher im Auftrag des BMJ im Jänner 2001 stellvertretend für die gesamte Branche eine Verbandsklage gegen die CA eingebracht.

Urteil nicht rechtskräftig - Prozess geht durch die Instanzen

Dieser Klage des VKI hat nunmehr das Handelsgericht (HG) Wien in insgesamt 13 Punkten stattgegeben. Die Entscheidung ist aber nicht rechtskräftig und das Verfahren wird durch die Instanzen voraussichtlich bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) geführt werden. Eine der wesentlichen Fragen in dem Rechtsstreit ist: Wer trägt im Geldgeschäft das Risiko - die Bank oder der Kunde? Die AGB der Banken (das sogenannte Kleingedruckte) versuchen das Risiko möglichst auf den Kunden abzuwälzen. Auch die formularhafte Zustimmung der Verbraucher zur Datenweitergabe an "schwarze Listen" und die ebenso in den AGB versteckte Entbindung vom Bankgeheimnis ist laut HG Wien gesetzwidrig.

Die folgende (unvollständige) Liste mit Klauseln sind Teil der aktuellen, noch gültigen AGB. Das HG Wien hat sie für gesetzwidrig und ungültig erklärt:

  • Auftragsfälschung: Der Kunde soll bei allen Bankgeschäften das Risiko der Auftragsfälschung durch Dritte tragen (z.B. Fälschung von Überweisungsaufträgen im elektronischen oder herkömmlichen Zahlungsverkehr, Scheckfälschung, Missbrauch von Bankomatkarten).
  • Fehler der Bank: Die Haftung der Bank für Schäden, die dem Kunden durch Pflichtverletzungen der Bank entstehen, soll bei allen Bankgeschäften nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit bestehen. Bei einem "normalen" Verschulden der Bank soll jede Haftung ausgeschlossen sein.
  • Aussagen der Mitarbeiter: Die Verbindlichkeit bestimmter formloser (z.B. mündlichen oder elektronischen) Zusagen von Bankmitarbeitern soll ausgeschlossen werden.
  • Schwarze Liste: Die Weitergabe der Kundendaten an den Kreditschutzverband und damit an alle österreichischen Banken und sonstigen Finanzinstitute soll ohne gültige Zustimmung nach dem Datenschutzgesetz und ohne wirksame Entbindung vom Bankgeheimnis erfolgen.
  • Kündigung: Die Bank soll ein Gemeinschaftskonto nur gegenüber einem Mitinhaber wirksam kündigen können.
  • Online-Fehlüberweisung: Die Bank soll im elektronischen Überweisungsverkehr nicht verpflichtet sein, die Übereinstimmung von Kontowortlaut und Kontonummer zu prüfen, obwohl der Kunde verpflichtet ist, beide Angaben zu machen. Die Überweisung soll nur anhand der Kontonummer durchgeführt werden. Dadurch trägt der Kunde das Risiko einer Fehlüberweisung, wenn er sich bei der Angabe der langen Kontonummer verschreibt, versieht oder vertippt, obwohl er den richtigen Empfänger angegeben hat.
  • Haftung für Schulden anderer: Jeder Mitinhaber eines Gemeinschaftskontos oder -depots soll mit seinen am Konto oder im Depot befindlichen Werten (z.B. Gehaltseingänge, Wertpapiere) ohne weiteres für alle Schulden (z.B. Kreditverbindlichkeiten) haften, welche die anderen Mitinhaber bei der Bank sonst haben.
  • Aufrechnung: Die Bank behält sich ein generelles Aufrechnungsrecht zwischen allen Konten des Kunden vor. Sie soll also beispielsweise berechtigt sein, Gehaltseingänge auf dem Girokonto mit Kreditschulden des Kunden aufzurechnen.
  • Ungedeckte Wertpapierkäufe: Die Bank soll ungedeckte (und daher in der Regel irrtümlich erteilte) Aufträge des Kunden zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren ohne vorherige Rückfrage beim Kunden durchführen dürfen. Dadurch kann dem Kunden ein erheblicher Schaden entstehen.
  • Haftung bei Verletzung der Verwahrungspflicht: Die Bank soll berechtigt sein, sämtliche Wertpapiere bei Dritten in Verwahrung zu geben. Jede Haftung für eine schuldhafte Verletzung der Verwahrungs- und Verwaltungspflichten durch den Drittverwahrer schließt die Bank aber aus.

Das nicht rechtskräftige Gerichtsurteil ist ein erster Erfolg im Kampf um faire Bedingungen im Bankenbereich. Wir werden über den Fortgang des Verfahrens berichten.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht abgelehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Unzulässige Klausel zum Pensionswahlrecht

Der VKI unterstützte – im Auftrag des BMSGPK – erfolgreich einen Konsumenten, der bei der Generali Versicherungs AG eine Lebensversicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen hatte.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Zum Seitenanfang