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Urteil: Rückforderung von Zinsschäden aus dem Titel des Schadenersatzes

HG Wien kritisiert OGH Judikatur zur kurzen Verjährung von Bereicherungsansprüchen und spricht Ersatz aus dem Titel des Schadenersatzes zu.

Klagsgegenständlich waren zwei Konsumentenkredite aus dem Jahre 1993 in Höhe von insgesamt ATS 1.380.000,-, welche von der BAWAG vergeben wurden. Mit 31.7.2001 wurden die Kredite vorzeitig rückgeführt. Eine Nachrechnung der Kredite auf Grundlage von SMR/VIBOR(EURIBOR)/ Halbe ergab eine "Überzahlung" von € 3.855,43,-.

Obwohl die Kreditverträge eine Zinsanpassungsklausel enthielten, wurde der Kreditzins während der gesamten Laufzeit nie angepasst. Dies ist insbesondere deshalb bedenklich, da ab 1992 bekanntlich alle wesentlichen Indikatorzinssätze für Geld- und Kapitalmarkt beinahe stetig gefallen sind.

In Anlehnung an die Entscheidung des OGH vom 24.6.2003 (4 Ob 73/03v, VRInfo 9/2003, KRES 1d/45) erklärte das HG Wien die verwendete Zinsanpassungsklausel wegen mangelnder Bestimmtheit gem § 6 Abs 1 Z 5 KSchG für nichtig. Ebenso wurde die mangelnde zweiseitige Textierung der Klausel vom Gericht beanstandet.

Lange Verjährung des Bereicherungsanspruches

Beachtlich ist, dass das HG Wien sich ausführlich mit den aktuellen Urteilen zur Zinsanpassung und damit auch mit der vom OGH befürworteten Analogie im Verjährungsrecht, wonach der Rückforderungsanspruch auf zuviel bezahlte Zinsen des Kreditnehmers innerhalb von 3 Jahren verjähre, beschäftigt.

Das HG Wien lehnt diese Ansicht des OGH jedoch ausdrücklich ab und hält fest, dass der Rückforderungsanspruch innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren verjährt.

Im einzelnen begründet dies das Gericht einerseits mit mangelnder Vergleichbarkeit der Rückforderungsansprüche zu § 1480 ABGB. Andererseits konnte der erkennende Richter auch keinen Wertungswiderspruch darin erkennen, dass "eine Mieter einen gesetzwidrig erhöhten Zins innerhalb von drei Jahren, ein Kreditnehmer überhöhte Zinsen innerhalb 30 Jahre zurückfordern könnte" (OGH 24.6.2003, 4 Ob 73/03v).

Vielmehr läge der wesentliche Unterschied - welcher eine Analogie verhindere - darin, dass idR zwischen Kreditnehmer und Bank eine Kontokorrentabrede (§ 355 HGB) besteht sowie das Kreditinstitut aufgrund des BWG und anderer Bestimmungen einer umfassenden Kontrolle sowie diversen Aufbewahrungspflichten unterworfen ist. Daraus ergibt sich einerseits ein erhöhtes Vertrauen des Kreditnehmers auf korrekte Abrechnung sowie andererseits keinerlei Problematik hinsichtlich eventuell auftretender Beweisschwierigkeiten.

Konkurrenz Bereicherung und Schadenersatz

Das HG Wien bejahte weiters die Konkurrenz von Bereicherung- und Schadenersatzansprüchen, wobei es aufgrund der Kontokorrentabrede zu einer Hemmung der Verjährung komme. Die Frist zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches (§ 1489 ABGB) konnte somit frühestens mit der Rückzahlung des Kredites am 31.7.2003 beginnen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 18.9.2003, 25 Cg 6/03b
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KV: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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