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Urteil: Risikoausschluss in Vollkaskoversicherung

In den Allgemeinen Bedingungen für die Vollkaskoversicherung (VK 2013)  war als Risikoausschluss ua vorgesehen: "Schadenereignisse,... die bei der Verwendung des Kraftfahrzeugs bei einer kraftfahrsportlichen Veranstaltung oder ihren Trainingsfahrten entstehen..." (Art 6.2 VK 2013).

Der Versicherungsnehmer nahm mit seinem Fahrzeug an einer Charity-Rally teil. Die Teilnehmer sammelten sich, um der Bevölkerung ihre Fahrzeuge präsentieren zu können, und fuhren in Konvoi zu einer Rennstrecke. Die Rennstrecke konnte von den Teilnehmern frei befahren werden. Während der Veranstaltung fand kein Wettbewerb statt, es wurde keine Wertung vorgenommen und es erfolgte keine Preisverleihung.

Die Rennstrecke war in schlechtem Zustand. Der Versicherungsnehmer hatte auf der Rennstrecke einen Unfall. Die Reparaturkosten zur Behebung des unfallkausalen Schadens betragen 46.947,78 EUR.

Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikobegrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen.

Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommene Gefahr einschränken oder ausschließen, dürfen Ausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert.
Im vorliegenden Fall geht es um die Auslegung des Begriffs "kraftfahrsportliche Veranstaltung" in Art 6.2 VK 2013.

Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verbindet mit dem Begriff Kraftfahrsport eine Leistungsbewertung, entweder in Form eines Leistungsvergleichs, sei es zwischen dem Können der Fahrer oder den Leistungen der Fahrzeuge, sei es eine Steigerung (vgl Trainingsfahrten) oder eine Zurschaustellung dieser Leistungen. Unter einer kraftfahrsportlichen Veranstaltung iSd Versicherungsbedingungen ist damit die Teilnahme an einem solchen Leistungsvergleich, einer Steigerung oder Zurschaustellung dieser Leistungen zu verstehen, bei welcher gewisse Voraussetzungen zu erfüllen sind, die in Form von Ausschreibungen im Vorhinein festgelegt werden.

Im vorliegenden Fall wurden weder die Leistungen der Fahrer oder Fahrzeuge verglichen, noch gesteigert, noch zur Schau gestellt. Vielmehr erfolgte lediglich eine Zurschaustellung der Fahrzeuge selbst. Die Veranstaltung war mit keiner Art einer Leistungsorientierung verbunden. Es handelte es sich doch bloß um eine rollende Ausstellung, wobei es auch nicht schadet, dass diese teilweise auf einer abgesperrten Rennstrecke stattfand. Abgesehen davon, dass sich der Ausschluss nicht explizit auf das Fahren auf Rennstrecken bezieht, bestand auch nach der Ausschreibung kein besonderer Anreiz für besonders schnelles oder riskantes Fahren.

Der Klage des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer aus der Vollkaskoversicherung wurde stattgegeben.


OGH 31.10.2018, 7 Ob 171/18z

Das Urteil im Volltext.

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