Zum Inhalt

Urteil: Paybox: Unzulässige Erklärungsfiktionsklausel

Der VKI hat - im Auftrag der Arbeiterkammer Kärnten - Paybox wegen einer Klausel geklagt, nach der Paybox seinen Kunden eine Vertragsänderung mitteilen konnte und diese wirksam wurde, falls die Kunden nicht binnen zwei Monaten widersprachen.

Die Klausel lautet wie folgt:

"ÄNDERUNGEN DER GESCHÄFTSBEDINGUNGEN / ENTGELTÄNDERUNGEN
Die paybox Bank darf dem Kunden Änderungen dieses Vertrages, insbesondere auch der Entgelte, spätestens zwei Monate vor dem geplanten Wirksamwerden dieser Änderungen vorschlagen. Der Kunde wird via SMS-Nachricht auf sein mobiles Endgerät, E-Mail (sofern er solche Adresse bekannt gegeben hat) oder Brief verständigt. Die Zustimmung des Kunden zur Vertragsänderung gilt als erteilt, wenn dieser seine Ablehnung mittels EMail, SMS-Nachricht oder Brief (Datum der Postaufgabe) nicht vor dem vorgesehenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung gegenüber der paybox Bank angezeigt hat. Der Kunde hat jedoch auch das Recht vor Inkrafttreten der Änderungen seinen Vertrag kostenlos und fristlos (zu) kündigen. Nimmt der Kunde den Änderungsvorschlag nicht an, hat die paybox Bank die Möglichkeit der ordentlichen Vertragsbeendigung/-kündigung."


Das OLG Wien stuft die Klausel als rechtswidrig ein, weil sie über eine Zustimmungsfiktion schrankenlos die "Änderungen dieses Vertrages, insbesondere auch der Entgelte" erlaubt. Die Klausel lässt nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile bei Änderungen des Vertrags mittels Zustimmungsfiktion schützen könnte. Sie lässt auch eine Änderung wesentlicher Pflichten der Parteien zu Gunsten der Beklagten in nahezu jede Richtung und in unbeschränktem Ausmaß zu. Nicht nur die Änderung der vom Kunden zu entrichtenden Entgelte wird ermöglicht. Geändert werden können auch ohne irgendeine Einschränkung alle von der beklagten Bank geschuldeten Leistungen (arg "Änderung des Vertrags").

Damit liegt sowohl eine unklare bzw unverständlich abgefasste Vertragsbestimmung als auch eine (den Kunden) gröblich benachteiligende Vertragsbestimmung vor. Die Klausel verstößt somit gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB.

Die bloße Möglichkeit eines ordentlichen (kurzfristigen) Kündigungsrechts (selbst nach der
Vertragsänderung) von Verträgen mit der Beklagten stellt keine Rechtfertigung für die Klausel dar.

Auch das Argument der Beklagten, dass ihren (Alt)Kunden nur ein monatliches Entgelt von EUR 1,49 drohe, ließ das OLG Wien nicht gelten: Eine derartige Einschränkung ist aus der Klausel nicht abzuleiten.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da der OGH bereits in zwei Entscheidungen zu den AGB der Banken vergleichbare Klauseln ebenfalls als gesetzwidrig eingestuft hat (siehe 1 Ob 210/12g und 2 Ob 131/12x; vgl auch 4 Ob 27/13v zu einem Telekommunikationsunternehmen).

OLG Wien 18.04.2014, 30 R 15/14t
Volltextservice
Klagevertreter; Kosesnik-Wehrle & Langer, RAe-KG in Wien


Anmerkung: 

  • Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Eine außerordentliche Revision ist möglich. Diese hemmt nicht den Eintritt der Vollstreckbarkeit, sondern nur den der Rechtskraft.
  • Nach dem - hiermit bestätigten Urteil erster Instanz muss Paybox die Verwendung dieser Klausel binnen 4 Monate unterlassen (dh ab 28.8.2014). Paybox muss es aber sofort unterlassen, sich auf die gegenständliche oder eine sinngleiche Klausel zu berufen.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht abgelehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Unzulässige Klausel zum Pensionswahlrecht

Der VKI unterstützte – im Auftrag des BMSGPK – erfolgreich einen Konsumenten, der bei der Generali Versicherungs AG eine Lebensversicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen hatte.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Zum Seitenanfang