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Urteil: OGH: Wen der Kreditgeber zu warnen hat

In einem neuen Urteil fasst der OGH wichtige Punkte zur Haftung einer dritten Person für einen Kredit des Hauptschuldners zusammen.

- Haftet die dritte Person persönlich mit dem gesamten Privatvermögen, so muss man unterscheiden, ob es sich um einen Interzedenten oder einen echten Mitschuldner handelt. Die Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil dem Interzedenten die Schutzvorschriften des KSchG (§ 25c - Warnpflicht des Gläubigers, 25d - richterliches Mäßigungsrecht) zu Gute kommen, einem echten Mitschuldner aber nicht. Der Interzedent haftet für eine materiell fremde Schuld. Eine solche liegt vor, wenn dem zahlenden Interzedenten im Innenverhältnis ein Regressanspruch gegen den Hauptschuldner zusteht. Entscheidend ist, dass der Interzedent typischerweise damit rechnen kann, die Schuld - zumindest wegen seines Regressanspruchs - letztlich materiell nicht tragen zu müssen. Ein echter Mitschuldner hingegen geht gemeinsam mit dem Hauptschuldner und im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit ein. Die Leistung aus dem Grundverhältnis erfolgt unmittelbar auch an den echten Mitschuldner bzw kommt ihm zugute.

- Eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen (§§ 25c, 25d KSchG) auf einen dritten Pfandbesteller (also einem dinglichen Sicherheitengeber) lehnt der OGH, der die stRspr folgend, ab. Vielmehr darf nach der Rspr der Pfandbesteller grundsätzlich nicht damit rechnen, dass die Bank in seinem Interesse eine tiefgehende Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners vornimmt und ihn über deren Ergebnis aufklärt. (Anm: Im Regierungsprogramm 2008-2013 ist zwar die Ausweitung der Aufklärungspflichten auf die Pfandbestellung vorgesehen, bisher wurde sie aber noch nicht durchgeführt.)

- Eine allgemeine vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflicht gegenüber einem dritten Sicherungsgeber des Kreditgebers wird nach der Rspr nur in ganz beschränktem Umfang bejaht, nämlich dann wenn für die Bank erkennbar ist, dass der wirtschaftliche Ruin des Hauptschuldners unmittelbar bevorsteht oder dieser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Kreditrückzahlung nicht in der Lage sein wird und die Bank damit rechnen muss, dass diese Umstände dem Sicherungsgeber nicht schon bekannt sind. Dies gilt aber wiederum nicht gegenüber einem Mithaftenden mit Eigeninteresse an der Kreditgewährung (etwa weil er wirtschaftlich am finanzierten Projekt beteiligt ist oder durch die Kreditmittel auf andere Weise begünstigt wird).

- Handelt es sich um eine Angehörigenbürgschaft, so ist diese nach der Rspr dann sittenwidrig und damit ungültig, wenn der haftende Angehörige geschäftsunerfahren ist und kein wesentliches Eigeninteresse am Kreditvertrag hat, sodass dieser aus der Verwendung der Kreditmittel keine unmittelbaren Vorteile ziehen kann. Nur in dieser Konstellation kann angenommen werden, der Kreditgeber habe die emotionale Beziehung zwischen dem Haftenden und dem Hauptschuldner in sittlich anstößiger Weise ausgenützt.

OGH 22.02.2011, 8 Ob 5/11k

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