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Urteil: "Massenschadensklausel" bei Rechtsschutzversicherung hält

Im Bereich des Anlegerschutzes häufen sich die Skandale und damit auch die Massenschäden. Rechtsschutzversicherer behalten sich bei Massenschäden vor, den Anwalt vorzugeben. Der Österreichische Rechtsanwaltsverein sah darin einen Gesetzesverstoss. Der OGH folgt dem nicht; die Verwendung der Klausel ist kein Gesetzesverstoß nach dem UWG.

Die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2000) enthalten folgende Klausel für Massenschäden: "Art 6 Punkt 7.3.: Genießen mehrere Versicherungsnehmer zur Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen Versicherungsschutz aus einem oder mehreren Versicherungsverträgen und sind ihre Interessen aufgrund der glkeichen oder einer gleichartigen Ursache gegen den/dieselben Gegner gerichtet, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung vorerst auf die außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Versicherungsnehmer und die Führung notwendiger Musterprozesse durch von ihm ausgewählte Rechtsvertreter zu beschränken. Wenn oder sobald die Versicherungsnehmer durch diese Maßnahmen nicht ausreichend gegen einen Verlust ihrer Ansprüche, insbesondere durch drohende Verjährung, geschützt sind, übernimmt der Versicherer darüber hinaus die Kosten für Gemeinschaftsklagen oder sonstige gemeinschaftliche Formen außergerichtlicher und gerichtlicher Interessenswahrnehmungen durch von ihm ausgewählte Rechtsvertreter. ..."

Der Österreichische Rechtsanwaltsverein klagte die D.A.S. Rechtsschutzversicherung auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel, weil diese gegen die freie Anwaltswahl nach §§ 158k Abs 1 und 158p Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) verstoße, sowie gemäß § 6 Abs 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) intransparent sei.

Das Erstgericht gab der Klage statt; das Berufungsgericht setzte sich ausführlich mit der Literatur auseinander und wies schließlich die Klage ab. Der OGH wies die Revision der Kläger als unzulässig zurück.

Der OGH hält die Meinung, die Klausel sei - bei objektiv-teleologischer Auslegung des VersVG - mit dem Gesetz vereinbar, für eine vertretbare Rechtsauffassung. Er verweist auch auf ein Vorabentscheidungsverfahren, das beim EuGH zu dieser Frage anhängig sei (7 Ob 26/08m = ecolex 2008, 737). Daraus und aus der Begründung des 7. Senates sei erkennbar, dass es durchaus Aurgumente für eine Vereinbarkeit von Klausel und VersVG gäbe.

Der OGH findet die Klausel auch nicht intransparent, da rechtlich klar sei, dass sie bereits dann zur Anwendung gelangen könne, wenn "mehrere" Versicherungsnehmer (also zumindestens drei) betroffen seien. Die Klausel sei auch nicht gröblich benachteiligend, weil sie versuche den Versicherungsschutz in solchen Fällen nicht einfach auszuschließen, sondern in einem eingeschränkten aber finanzierbaren Umfang aufrecht zu erhalten.

OGH 23.9.2008, 4 Ob 128/08i
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