Zum Inhalt

Urteil: LG Salzburg: Haftung für Fehlberatung beim Fremdwährungskredit

Es ist als grober Beratungsfehler zu werten, wenn empfohlen wird, vorhandenes Eigenkapital als Einmalerlag in einen Tilgungsträger zu investieren statt direkt zum Wohnungskauf zu verwenden, und gleichzeitig der Kreditbedarf mit einem Fremdwährungskredit abgedeckt werden soll, der dann entsprechend höher sein muss. Für die Folgen haftet der beratende Vermögensberater.

Zwei Konsumentinnen wollten im Jahr 2002 eine Eigentumswohnung mittels Kredit finanzieren und wandten sich dazu an einen Vermögensberater. Dieser empfahl Ihnen die Aufnahme eines Fremdwährungskredites in Höhe von € 150.000,-- und den Abschluss von zwei Tilgungsträgern. Die vorhandenen Eigenmittel in Höhe von € 62.000,-- sollten als Einmalerlag in den Wealthmaster Noble von Clerical Medical mit einer Laufzeit von 75 Jahren gesteckt werden. Weiters sollte laufend eine fondsgebundene Lebensversicherung bei einer anderen Versicherung bespart werden.

Beide Konsumentinnen waren nur wenig risikobereit. Das Risiko von Kursschwankungen im Fremdwährungskredit war Ihnen zwar bewusst. Eine Aufklärung hinsichtlich der Risken und allfälliger negativer Entwicklungen der Tilgungsträger erfolgte allerdings nicht. Der Kredit sollte nach Angabe des Vermögensberaters jedenfalls nach 20 Jahren zurückbezahlt werden können, bei guter Performance möglicherweise auch früher. Darüber hinaus sollten aus den Tilgungsträgern Mittel für die Altersvorsorge übrig bleiben. Auf Grund des Gespräches gingen die Konsumentinnen davon aus, dass bei den Tilgungsträgern eine Mindestrendite von 4,5 % zu erwarten war.

Als Alternative zum Fremdwährungskredit wurde zwar ein Euro-Abstattungskredit besprochen, vom Vermögensberater aber nicht empfohlen. Für den Eurokredit wäre auf Grund der vorhandenen Eigenmittel nur ein deutlich geringerer Kreditbetrag erforderlich gewesen. Andere Alternativen - etwa ein Fremdwährungskredit in Form eines Annuitätendarlehens - wurden nicht besprochen.

2007 erfolgte auf Grund der negativen Entwicklung eine Konvertierung in Euro und eine Umstellung auf einen Abstattungskredit.

Für das LG Salzburg liegt angesichts der Risikogeneigtheit des Gesamtfinanzierungskonzeptes ein Beratungsfehler des Vermögensberaters vor. Die Konsumentinnen gingen auf Grund der Beratung davon aus, dass das Kursschwankungsrisiko durch die gewählten Tilgungsträger auf ein Mindestmaß reduziert sei und Negativentwicklungen praktisch unmöglich wären.

Richtigerweise wäre zu empfehlen gewesen, das vorhandene Eigenkapital für den Wohnungskauf einzusetzen und nur über die fehlende Differenz einen Annuitätenkredit aufzunehmen. Die Beratung muss als grob fahrlässig beurteilt werden, sodass auch der Haftungsausschluss hinsichtlich leichter Fahrlässigkeit zu keiner Befreiung des Vermögensberaters führt.

Der Vermögensberater haftet daher für jenen Schaden, der sich aus der Differenz zwischen einem Euro-Abstattungskredit und dem empfohlenen Gasamtfinanzierungskonzept ergibt.

Die Clerical Medical Lebensversicherung ist nach dem SV Gutachten im Übrigen als Risikoprodukt zu beurteilen. Es gibt zwar eine Garantie, diese wird aber erst nach einer Mindestlaufzeit von 20 Jahren gewährt. Zudem muss der Ausstieg 5 Jahre vorher angemeldet werden. Der Vermögensberater hätte jedenfalls reine Verlustszenarien und nachteilige Entwicklungen darstellen müssen. Die vom Vermögensberater genannten Ertragswerte der Tilgungsträger seien überdies unrealistisch.

Aus Risikogründen wäre überdies einem Annuitätenkredit stets der Vorzug gegenüber einem endfälligen Kredit zu geben. Eine Investition von Eigenkapital in Tilgungsträger wäre nur dann sinnvoll, wenn diese einen die Gesamtkosten des Kredites übersteigenden Ertrag abwerfen würden.

Für das LG Salzburg war der Schaden erst im Oktober 2007 erkennbar, da der schlechte Ertrag der fondsgebundenen Lebensversicherungen erst nach fünf oder sechs Jahren beurteilt werden konnte. Erst da war nämlich das Scheitern des Gesamtkonzeptes anhand der vergleichsweise positiven Marktentwicklung evident. Der Verjährungseinwand blieb somit erfolglos.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

LG Salzburg 21.2.2011, 14 Cg 3/09t
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Klaus Perner, RA in Salzburg

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht abgelehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Unzulässige Klausel zum Pensionswahlrecht

Der VKI unterstützte – im Auftrag des BMSGPK – erfolgreich einen Konsumenten, der bei der Generali Versicherungs AG eine Lebensversicherung mit Rentenwahlrecht abgeschlossen hatte.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Zum Seitenanfang