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Urteil: Kredit für Minderjährigen ist unwirksam und sittenwidrig

Eine Bank "gewährt" einem Achtzehnjährigen einen 500.000.- Schilling-Kredit für dessen Eltern und diese genehmigen - no na - das Geschäft. Der OGH sieht dieses Geschäft als sittenwidrig an.

Das Urteil erging in einem Gerichtsverfahren der klagenden Bank gegen den Masseverwalter eines seinerzeit minderjährigen Verbrauchers, der im Zuge eines Schuldenregulierungsverfahrens die Forderungen der Bank bestritten hatte.

Die Bank hatte dem damals 18 ½ - jährigen Minderjährigen einen Privatkredit über ATS 460.000,-- gewährt. Zweck des Kredites war es, aushaftende Kreditverbindlichkeiten der Eltern des Gemeinschuldners zu decken und einen Restbetrag dem Vater des Gemeinschuldners auszubezahlen. Der Gemeinschuldner arbeitete zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme als Maschinenarbeiter und verdiente netto ATS 10.000,--. Der Kreditvertrag wurde auch von den Eltern des Gemeinschuldners gefertigt und als gesetzliche Vertreter für den Gemeinschuldner genehmigt. Nach Abschluss des Kreditvertrages war vorgesehen, dass die Kreditraten von den Eltern des Gemeinschuldners bezahlt würden. Als diese mit den Zahlungen stockten, trat die klagende Bank an den Gemeinschuldner heran und forderte ihn auf den Rückstand zu bezahlen, ansonsten Terminsverlust geltend gemacht würde. Der Gemeinschuldner zahlte ein oder zwei Raten, zum weitaus überwiegenden Teil gingen Kreditraten in der Folge durch Lohnpfändungen ein.

Die Bank klagte schlussendlich auf Feststellung des Zurechtbestehens eines Forderungsbetrages von fast ATS 700.000,--.

Die Gerichte gingen davon aus, dass der Minderjährige in Anbetracht der Kreditsumme von ATS 460.000,-- sowie der nahezu seinem monatlichen Nettoeinkommen von 10.000,-- entsprechenden Rückzahlungsrate sich nicht selbst und auch nicht vertreten durch seine gesetzlichen Vertreter hatte verpflichten können. Es wäre vielmehr gemäß § 154 Abs 3 ABGB die Zustimmung des Gerichtes erforderlich gewesen. Im übrigen wäre auch ein Kollisionskurator gemäß § 271 ABGB zu bestellen gewesen, da die Interessen des einschreitenden Vaters mit jenen des Minderjährigen sowohl formell als auch materiell kollidierten.

Die Bank argumentierte nun aber, dass der damals minderjährige Gemeinschuldner in der Folge - nach Eintritt der Volljährigkeit - durch seine Ratenzahlungen das Geschäft genehmigt habe. Der OGH referiert die dazu vorliegende Rechtsprechung und geht davon aus, dass auch bei mangelnder Zustimmung durch das Gericht eine Sanierungsmöglichkeit durch den volljährig gewordenen zu bejahen sei. Es sei nach ständiger Rechtsprechung auch möglich, dass die Genehmigung stillschweigend erfolge. Der OGH problematisiert allerdings, ob in der Zahlung von ein oder zwei Raten im Lichte der Androhung der Fälligstellung des gesamten Kreditvertrages tatsächlich ein konstitutives Anerkenntnis gesehen werden könne. Er geht auf diese Frage aber nicht weiter ein, da er in der Folge die Haftungsübernahme durch den Gemeinschuldner als sittenwidrig qualifiziert.

Der OGH geht davon aus, dass der Bank das Interesse der Eltern an der Umschuldung wohl bekannt war und ihr bei ordnungsgemäßem Vorgehen der Verwendungszweck des bar ausbezahlten Betrages ebensowenig verborgen bleiben konnte, wie die schlechte Situation der Eltern des Gemeinschuldners.

In diesem Sinne erscheint eine Haftungsübernahme durch den Gemeinschuldner jedenfalls bedenklich. Vollends zu missbilligen ist aber, in Anbetracht der Tatsache der Minderjährigkeit, wobei die bewusste Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen über die Einbindung des Pflegschaftsgerichtes, deren Kenntnis einer Bank jedenfalls zuzusinnen ist, die Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit geradezu indiziert. Der OGH ging davon aus, dass die Haftung des Gemeinschuldners daher sittenwidrig gemäß § 879 ABGB ist, weil der Angehörige aus Geschäftsunerfahrenheit und ohne wesentliches Eigeninteresse sich zur Haftung verpflichtet hat, das Vorgehen der Bank dagegen zu missbilligen sei.

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