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Urteil: Kilometerabrechnungsleasingverträge fallen unter das VKrG

Hat der Leasingnehmer bei Vertragsende für einen ordnungsgemäßen Zustand und einen bestimmten Kilometerstand des geleasten Kfz einzustehen, ist auf diesen Vertrag das VKrG anzuwenden.

Der VKI klagte - im Auftrag des Sozialministeriums - die Bernhard Kandl Autohandel GmbH. Diese hatte in einer Zeitung ein Inserat für ein Auto geschaltet, in der ua stand, dass das Verbraucherkreditgesetz (VKrG) auf das gegenständliche Leasingangebot nicht anwendbar wäre, da kein Tatbestand der Ziffer 1 bis 4 des § 26 VKrG erfüllt werde. Im Kleindruck war ein Beispiel angeführt, welches nicht den Effektivzinssatz enthielt. Nach dem VKrG ist in Werbungen klar, prägnant und auffallend anhand eines repräsentativen Beispiels ua der Effektivzinssatz zu nennen (§ 5 VKrG).

Im zweitinstanzlichen Urteil ging es primär um die Frage, ob diese Art von Leasingvertrag unter das VKrG fällt.

In den Leasingbedingungen der finanzierenden Bank ist zu lesen, dass das Leasingobjekt bei Rückstellung zumindest der EUROTAX-Klasse II zu entsprechen hat und dass es die im Antrag vereinbarte Höchstkilometer nicht überschreiten darf. Der Leasingnehmer hat für sämtliche Mindererlöse verschuldensunabhängig einzustehen, die daraus resultieren, dass das Leasingobjekt nicht der EUROTAX-Klasse II entspricht und/oder die im Antrag vereinbarten Höchstkilometer überschritten wurden.

Vom Anwendungsbereich des VKrG ausgenommen sollen lediglich reine Nutzungsverträge sein, die keine Finanzierungskomponente enthalten (Operatingleasing).

Kennzeichen eines Finanzierungsleasingvertrages ist ein "Erwerbselement": Neben die entgeltliche Gebrauchsüberlassung muss eine bestimmte Vereinbarung über den zeitlich nachfolgenden Erwerb der Sache oder aber zumindest über das Einstehen-Müssen für einen bestimmten Wert der Sache bei Vertragsende treten. Das Gesetz liefert keine Definition des Finanzierungsleasingvertrages. Vielmehr nennt § 26 Abs 1 VKrG vier verschiedene Konstellationen von vertraglichen Vereinbarungen, in denen das Erwerbselement in verschieden starker Ausprägung und in verschiedener Gewichtung der diesbezüglichen Dispositionsmöglichkeit zwischen Unternehmer und Verbraucher vorkommt.

Bei den hier beworbenen Verträgen handelt es sich um "Kfz-Leasingverträge mit Kilometerabrechnung".

Diese Kilometerabrechnungsverträge lassen sich nicht unmittelbar einem der Tatbestände des § 26 Abs 1 Z 1 - 4 VKrG zuordnen. Bei Leasingverträgen dieses Typs legen die Parteien typischerweise einen ordnungsgemäßen Zustand und einen Kilometerstand, nicht jedoch einen numerischen Restwert fest. Es wäre allerdings nicht sachgerecht, die Anwendung des § 26 Abs 1 VKrG auf Kilometerabrechnungsverträge deshalb vollständig auszuschließen.

Der Leasingnehmer hat nämlich, auch wenn er nicht für einen konkret bezeichneten Wert des Leasingfahrzeuges haftet, dennoch für einen maßgeblichen Gegenwert einzustehen, der sich aus der Sollbeschaffenheit des Fahrzeuges am Ende der Vertragslaufzeit bestimmen lässt. Damit verbleibt aber die Gefahr der Verschlechterung und des Unterganges des Leasingobjektes regelmäßig beim Leasingnehmer, sodass der Leasinggeber nicht das volle Restwertrisiko, sondern nur das der Marktgängigkeit des Fahrzeuges und der richtigen internen Kalkulation trägt. Der Leasingnehmer leistet insofern einen Beitrag zur Restwertabsicherung, der darin besteht, dass er für die zustandsbedingte Werthaltigkeit des Fahrzeuges die Verantwortung übernimmt.

Der Schutz des § 26 Abs 1 Z 4 VKrG ist daher auf diejenigen Personen zu erstrecken, die einen Kfz-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung als Verbraucher abschließen. Mit den hier zu beurteilenden AGB wird die Instandsetzung leasingtypisch auf den Leasingnehmer überwälzt, weil dieser verschuldensunabhängig für einen vertraglich vereinbarten Sollzustand des Leasingfahrzeuges zum Vertragsende ("Eurotax-Klasse II") einzustehen hat. Damit werden dem Leasingnehmer Verpflichtungen auferlegt, die er als bloßer Bestandnehmer nicht zu tragen hätte, weil ein solcher das Bestandobjekt zwar in jenem Zustand zurückzustellen hätte, in dem es übergeben wurde, die gewöhnliche Abnutzung durch den vereinbarten Gebrauch aber hinzunehmen wäre, weil diese als durch den Bestandzins abgegolten anzusehen ist. Damit ist aber insgesamt davon auszugehen, dass Kilometerabrechnungsleasingverträge unter § 26 Abs 1 Z 4 VKrG fallen.

Da das VKrG anzuwenden ist, ist die Aussage über seine Nichtanwendbarkeit irreführend.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 14.11.2014). Die ordentliche Revision wurde zugelassen, da höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Einordnung von Kilometerabrechnungsleasingverträgen fehlt.

OLG Wien 31.10.2014, 4 R 151/14a
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Klagsvertreter: Dr. Sebastian Schumacher, RA in Wien


Anmerkung:
Nach dem Wortlaut des § 26 Abs 1 VKrG fallen folgende Finanzierungsleasingverträge unter das VKrG:

  • Den Leasingnehmer trifft eine Ankaufsverpflichtung am Ende der Laufzeit (Z 1).
  • Der Leasinggeber hat eine Verkaufsoption (= Andienungsrecht), dh er kann vom Leasingnehmer den Erwerb der Sacher verlangen (Z 2).
  • Der Leasingnehmer hat eine Kaufoption und eine Restwerthaftung, dh er hat das Recht das Leasingobjekt zu kaufen und falls er davon keinen Gebrauch macht, hat der dem Leasinggeber dafür einzustehen, dass die Sache diesen Wert hat (Z 3).
  • Den Leasingnehmer trifft eine bloße Restwerthaftung, dh er hat dem Leasinggeber eine allfällige Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten und dem tatsächlichen Restwert durch Zahlung auszugleichen (Z 4).

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