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Urteil: Kapitalanlage - keine Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit

Die Warnfunktion des § 15 Abs 2 WAG ist nicht erfüllt, wenn eine durch das Schriftbild vom übrigen Vertragstext nicht abgehobene Haftungsfreizeichnungsklausel in einem grau unterlegten Unterschriftenfeld erscheint.

Nachdem die Konsumentin bereits im Jahr 1987 in eine Immobilienbeteiligung bei Real-Wert AG (später Kapital & Wert AG) investiert hatte und diese auslief, zeichnete die Konsumentin im Juni 2002 aufgrund der Beratung eines Mitarbeiters des Unternehmens eine Beteiligung in einen Aktieninvestmentfond, obwohl die Konsumentin keine langfristige Veranlagung mehr anstrebte und auf eine sichere Kapitalanlage mit geringem Risiko wert legte. Eine Aufklärung darüber, dass es bei dieser Veranlagungsform zu einem Kapitalverlust kommen kann, erfolgte nicht.

Auf dem Zeichnungsschein war überdies genau über der Unterschrift der Konsumentin folgender, grau unterlegter Satz zu lesen: "Ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die K&W Bank in den Bedingungen für die Vermögensverwaltung die Haftung für leicht fahrlässiges Verhalten ausgeschlossen hat."

Die von der Konsumentin gezeichneten Aktien verloren sukzessive an Wert, woraufhin diese im Juni 2002 ihren Vermögensverwaltungsauftrag kündigte. Die Konsumentin erlitt einen Verlust von € 7.071,58 und bezahlte € 581,38 an Vermittlungs-Provision.

Der VKI hat - im Auftrag des BMSG - unter Abtretung des Anspruches eine Klage auf Schadenersatz eingebracht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass eine Verletzung der Beratungspflicht nach der zu § 1299, 1300 ABGB ergangenen Rechtsprechung nicht vorliege. Dem Berater könne zwar eine Verletzung der ihm nach § 13 auferlegten Verpflichtung angelastet werden, dies aber nur leicht fahrlässig. Die Haftung für leicht fahrlässiges Verhalten sei aber auch vor dem Hintergrund des § 15 Abs 2 WAG rechtswirksam ausgeschlossen worden, weil durch die graue Hinterlegung und den dunkleren Druck der Haftungs-Freizeichnungsklausel eine Hervorhebung im Sinne dieser Gesetzesstelle durchaus gegeben war.

Das Berufungsgericht hob das vom VKI angefochtene Urteil auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung, allenfalls nach ergänzender Verhandlung an das Erstgericht zurück.

Die Haftungsfreizeichnungsklausel hat das Berufungsgericht als nicht dem § 15 Abs 2 WAG entsprechend erkannt. Nach den ErläutRV bezwecke diese Bestimmung die grundsätzliche Sicherstellung der Haftung des Rechtsträgers bei Verletzung der §§ 13, 14 WAG auch bei leichter Fahrlässigkeit. Die Haftung solle nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden können, sondern nur dann, wenn eine solche Ausschlussvereinbarung vom Verbraucher in einem von ihm zu unterfertigenden Vertragswerk durch graphische Hervorhebung auch bei nur flüchtigem Überlesen zur Kenntnis genommen werden könne.

Die Klausel sei zwar nicht schon deshalb gemäß § 15 Abs 2 WAG unwirksam, weil damit ein Verweis auf den Haftungsschluss in den AGBs erfolgte, jedoch mangle es der Klausel an der erforderlichen drucktechnischen Hervorhebung. Es wäre nicht einmal die Verwendung eines gegenüber dem restlichen Vertragstext modifizierten Schriftbildes ausreichend, sondern müsste die Klausel in Fettdruck deutlich hervorgehoben werden. Mit der grauen Unterlegung würde die Aufmerksamkeit des Kunden nicht auf den graphisch unauffälligen Text sondern auf die Unterschrift gelenkt, weshalb die Warnfunktion der erforderlichen drucktechnischen Hervorhebung nicht erfüllt und nicht sichergestellt sei, dass die Klausel sofort ins Auge fällt und auch nur bei flüchtigem Lesen zur Kenntnis genommen werden könne.

Auch das Erstgericht hat nun im zweiten Rechtsgang ohne weitere Verhandlung für den VKI entschieden. Das Erstgericht führte nun aus, dass die Konsumentin vom Anlageberater nicht darauf hingewiesen wurde, dass die Möglichkeit besteht, auch Kapital zu verlieren; diesfalls hätte die Konsumentin den Vertrag nicht unterzeichnet. Wie auch schon das Berufungsgericht ausführte, kam das Erstgericht nun zur Ansicht, dass die lediglich graue Unterlegung der Haftungsfreizeichnungsklausel auf dem Zeichnungsschein nicht der Anforderung der deutlichen Hervorhebung gegenüber dem übrigen Vertragstext gemäß § 15 Abs 2 WAG genüge.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

BGHS Wien, 29.1.2005, 14 C 645/03k

Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien

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