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Urteil: HG Wien: Ungültige Klauseln bei "paysafecard"

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Prepaid Service Company Ltd. wegen rechtswidriger Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Verbandsklage. Das nun vorliegende Urteil gibt dem VKI Recht und erklärt alle eingeklagten Klauseln für rechtswidrig.

Klausel 1:
(AGB Punkt 1.5) Änderungen dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden auf der Internetseite http://www.paysafecard.com/at (die "Website") 2 Monate vor ihrem Inkrafttreten bekannt gegeben. Sie sollten die Website hinsichtlich solcher Änderungen regelmäßig überprüfen. Es wird vereinbart, dass Ihre Zustimmung für vorgeschlagene Änderung als erteilt gilt, wenn Sie ihre Ablehnung nicht vor dem Zeitpunkt des vorgeschlagenen Wirksamwerdens der Änderung schriftlich anzeigen. Sollten Sie den Änderungen nicht innerhalb von 2 (zwei) Monaten nach deren Bekanntgabe schriftlich widersprechen, gelten die Änderungen als akzeptiert und werden wirksamer Bestandteil unseres Vertrages. Sie sind berechtigt, den Vertrag mit uns vor dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung fristlos zu kündigen. Wir werden Ihnen im Angebot zur Vertragsänderung auf die Folgen Ihres Schweigens sowie auf das Recht zur kostenfreien und fristlosen Kündigung hinweisen. Für weitere Informationen zum Prozedere im Rahmen der Vertragskündigung verweisen wir auf Abschnitt 6. (Kündigung). Die bloße Erweiterung der Funktionalität oder die Einführung neuer Dienstleistungen bewirken keine Änderung des Vertrags.

Das Gericht prüfte diese Klausel auf zwei Ebenen: Einerseits hinsichtlich des Umfanges und andererseits hinsichtlich der Form dieser Änderungen.

Laut HG Wien stellt die "paysafecard" ein Zahlungsinstrument dar, welches jedoch nicht einem der drei Fälle des § 33 Abs 1 ZaDiG entspricht, da diesbezüglich auf "Kleinbetragszahlungen" abgestellt wird. Durch die Kumulierungsmöglichkeit mehrerer "paysafecards" wird auch der dritte Fall unanwendbar. Die "einzelne" "paysafecard" stellt somit kein Zahlungsinstrument als solches dar, sondern der "gesamte Verfahrensablauf" (§ 3 Z 21 zweiter Fall ZaDiG).

Die gegenständliche Klausel verstößt somit hinsichtlich der Form der Bekanntmachung von Änderungen gegen § 29 iVm § 26 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ZaDiG.

Das HG Wien erklärte somit, dass Emittenten von anonymem E-Geld eine Änderung des Rahmenvertrages via Zustimmungsfiktion gerade nicht durchführen können.

Auch hinsichtlich des Umfanges wurde die Klausel als gegen § 6 Abs 3 KSchG sowie gegen § 879 Abs 3 ABGB verstoßend beurteilt. Das HG Wien wies darauf hin, dass eine Inhaltskontrolle stattfinden müsse, auch wenn die gesetzliche vorgeschriebene Form eingehalten wird. Entspricht eine Klausel daher den formalen Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, dann muss zusätzlich noch eine Zulässigkeit nach § 6 Abs 3 KSchG sowie § 879 Abs 3 ABGB geprüft werden. Dies gilt auch für die entsprechenden Bestimmungen des ZaDiG.

Die Beklagte wendete ein, dass eine Sperrwirkung hinsichtlich "formeller Tatbestände" auf "materielle Vertragsbestandteile" bestünde, wobei das HG Wien urteilte, dass dies in "auffallendem Widerspruch zum grundsätzlichen Anliegen" des Konsumentenschutzrechtes stünde.

Klausel 2:
(AGB Punkt 2.1.3) Rücktauschgebühr gemäß Abschnitt 5: EUR 7,50 Diese wird direkt von Ihrem paysafecard Guthaben abgezogen.

Diese Klausel verstößt laut HG Wien gegen § 19 Abs 5 E-GeldG, denn Entgelte für den Rücktausch dürfen vom E-Geld Emittenten nur dann verrechnet werden, wenn diese im Vorhinein vereinbart wurden, verhältnismäßig sind, sowie ein angemessenes Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten des E-Geld-Emittenten besteht.

Ein Fixbetrag steht somit von Vornherein einer Verhältnismäßigkeit entgegen. Die Verhältnismäßigkeit muss zum einen hinsichtlich des zurückgetauschten Betrages sowie zum anderen hinsichtlich der Kosten des Emittenten gegeben sein.

In der österreichischen Fassung der Richtlinie wird auf ein "verhältnismäßiges und kostenbasiertes Entgelt" abgestellt, während die deutsche Fassung, lediglich auf "das angemessene Verhältnis zu den Kosten" hinweist.
Der in der Klausel vereinbarte Fixbetrag stellt eine "faktische" Untergrenze dar, und ist somit unzulässig. Hinsichtlich der Höhe der tatsächlichen Kosten unterblieb eine Feststellung.

Klausel 3:

(AGB Punkt 11.1) Wir haften nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Soweit unsere Haftung ausgeschlossen, beschränkt oder begrenzt ist, gilt dies auch für die persönliche Haftung unserer Angestellten, Arbeitnehmer, Mitarbeiter, Vertreter und Erfüllungsgehilfen.

Mangels Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung für den generellen Ausschluss der Haftung  wurde gegenständliche Klausel vom HG Wien als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB beurteilt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 14.09.2015)

HG Wien, 07.09.2015, 43 Cg 65/14b
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien



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