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Urteil: HG Wien spricht Ausgleichsleistung aus der Fluggastrechte-VO 261/2004 zu

Berufungsgericht bejaht Ausgleichsanspruch einer Reisenden,die ihren Anschlussflug von Frankfurt nach Johannesburg aufgrund der Verspätung des Zubringerfluges von Wien nach Frankfurt wegen Schlechtwetters versäumt hatte.

Die Klägerin buchte einen Flug Wien - Frankfurt - Johannesburg. Aufgrund einer zweistündigen Abflug- und eineinhalbstündigen Ankunftsverspätung des Fluges Wien-Frankfurt versäumte die Klägerin den Weiterflug nach Johannesburg. Die Klägerin klagte daher auf Rückerstattung der Kosten für den Hinflug in der Höhe von EUR 511,12  aufgrund der verspäteten Beförderung bzw Nichtbeförderung.

Nachdem das Erstgericht den Anspruch noch zur Gänze abgewiesen hat, führte das Berufungsgericht folgendes aus:

Beim zunächst angetretenen Flug von Wien von Frankfurt handle es sich um eine Verspätung von mehr als zwei Stunden gemäß Art 6 Abs 1 Fluggastrechte-VO. Da die Distanz geringer als 1.500 km sei, bestehe nur ein Anspruch auf Unterstützungsleistungen, der aber nicht verfahrensgegenständlich sei.

Beim dadurch versäumten Weiterflug von Frankfurt nach Johannesburg handle es sich um eine Nichtbeförderung gemäß Art 4 der FluggastrechteVO. Eine Nichtbeförderung liege im Sinne der Begriffsbestimmung des Art 2 lit j VO bei einer Weigerung vor, Fluggäste zu befördern, obwohl sie sich unter den in Art 3 Abs 2 VO genannten Bedingungen am Flugsteig eingefunden hätten, sofern keine vertretbaren Gründe für die Nichtbeförderung gegeben seien. Im vorliegenden Fall sei die Klägerin zwar nicht rechtzeitig vor der angegebenen Ablugzeit zur Abfertigung in Frankfurt erschienen, dieses verspätete Eintreffen sei aber durch den verspäteten Zubringerflug der Sphäre der Beklagten zuzurechnen. Die Klägerin sei rechtzeitig zur Abfertigung in Wien erschienen, hätte aber auf das Eintreffen dieses Fluges in Frankfurt keine Einflussmöglichkeit mehr gehabt, sondern sei auf die vereinbarungsgemäße Beförderung durch die Beklagte angewiesen gewesen. Ein entschuldigender Umstand für die Beklagte wegen Schlechtwetters sei aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich.

Gemäß Art 4 Abs 2 VO stehe im Fall einer Nichtbeförderung ua auch ein Ausgleichsleistungsanspruch gemäß Art 7 VO zu. Dieser Anspruch betrage bei einer Flugentfernung von mehr als 3.500 km EUR 600. Da die Verspätung bei der Ankunft in Johannesburg mehr als 4 Stunden betrug, sei dieser Anspruch auch nicht zu kürzen. Der Klagsanspruch bestehe daher zu Recht.

HG Wien, 29.04.2008, 1 R 206/07a

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