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Urteil: HG Wien: Klausel zur Ausstoppung rechtswidrig

Eine Klausel zur Änderung der Veranlagung ist intransparent, wenn sie so viele finanztechnische Begriffe beinhaltet, dass für den Durchschnittsverbraucher unklar bleibt, was mit der Klausel geregelt werden soll und in welchem Umnfang eine Änderung der Veranlagung erfolgen kann.

Der VKI klagte im Auftrag des BMASK die Wiener Städtische Versicherung AG wegen drei Klauseln in den Versicherungsbedingungen der indexgebundenen Lebensversicherung "Limited Edition East-West Success". 

Anlass waren Umschichtungen in dieser indexgebundenen Lebensversicherung im Jahr 2009 gewesen. Auf Grund der Finanzmarktkrise war zwecks Absicherung der Garantiezusage eine Umschichtung in festverzinsliche Wertpapiere erfolgt. Damit stand bereits nach kurzer Vertragslaufzeit fest, dass am Ende der Laufzeit nur die einbezahlten Prämien zur Auszahlung kommen würden, und zwar trotz ursprünglicher Veranlagung in Aktien im Ausmaß von 2/3. 

Das Produkt war in diesem Zusammenhang seinerzeit folgendermaßen beschrieben worden: "East-West Success sucht sich die Zuckerln aus Ost und West heraus und macht daraus eine attraktive Anlagemischeung: zwei Drittel Aktien, ein Drittel Immobilien. Jeweils halbe-halbe aus ost- wie westeuropäischen Ländern. Jedes Jahr werden die einzelnen Invest-Baskets überprüft und nachjustiert, sofern ein Basket-Anteil den anderen um mehr als 5 % übersteigt. Das heißt: Die Ertragschancen werden laufend kontrolliert und verbessert - und die Gewinnchancen neu ausgerichtet."

Dass es während der Laufzeit zu einer vollkommenen Umschichtung der Veranlagung und damit zu einer Beseitigung jeglicher Gewinnchance kommen würde, war aus den Vertragsunterlagen nicht wirklich ersichtlich. Die Wr. Städtische hatte sich zur Rechtfertigung allerdings auf folgende Klausel gestützt: 

"Re-Weight: Halbjährliche Adjustierung des Basketwertes sofern die absolute Differenz des jeweiligen Exposures in den Baskets größer als 5 % des aktuellen Gesamtexposures ist."

Das HG Wien beurteilt diese Klausel als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Die in der Klausel verwendeten finanztechnischen Begriffe lassen für den Durchschnittsverbraucher nicht erkennen, was mit der Klausel geregelt werden soll. Außerdem ist auch nicht erkennbar, in welchem Umfang eine Änderung der Veranlagung erfolgen kann. Der Verbraucher wird daher über die rechtlichen Folgen der Klausel im Unklaren gelassen. 

Das HG Wien weist darauf hin, dass die Versicherung gerade auf Grund der Komplexität des Regelungsbereiches angehalten gewesen wäre, die Auswirkungen der Klausel verständlich zu präsentieren. 

Darüber hinaus beurteilt das HG Wien auch die anderen beiden eingeklagten Klauseln als rechtswidrig. 

Eine Klausel zur Bestimmung des Geldwertes der Deckungsrückstellung wird vom HG Wien als intransparent beurteilt. Die Klausel legt nicht fest, zu welchem Zeitpunkt eine Veräußerung der Wertpapiere erfolgt. Es wird nur festgehalten, dass der Geldwert nach Veräußerung der Wertpapiere ermittelt wird. Auch der in der Klausel erwähnte Interessensausgleich zwischen allen Versicherungsnehmern bleibt unklar.

Die dritte Klausel betrifft eine Haftungsfreizeichnung hinsichtlich der Ergebnisse der Wertentwicklung der Anlageprodukte. Die Versicherung sah darin nur einen Hinweis auf das grundsätzlich vom Versicherungsnehmer zu tragende Kapitalanlagerisiko. Das HG Wien beurteilt die Klausel aber als unzulässige Haftungsfreizeichnung im Sinn des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 12.3.2012, 10 Cg 53/11s
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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