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Urteil: Haftung der Bank für Aktienverluste bei erkennbar falscher oder irreführender Information an Vertriebspartner

OGH spricht sich für eine Haftung der depotführenden Bank aus, wenn die von ihren Mitarbeitern via Vertriebskanal gestreuten Informationen erkennbar unrichtig oder irreführend sind.

Dem Verfahren liegen Schadenersatzansprüche von Anlegern gegen die Aviso Zeta Bank (vormals Constantia Privatbank) zugrunde, die auch auf kursmanipulative Vorgänge gestützt wurden. Die Anleger sahen im Herbst 2007 von dem von ihnen angedachten Verkauf ihrer Immofinanz-Aktien deshalb ab, weil ihr AWD-Berater unter Berufung auf von der CPB bzw Immofinanz erteilte Informationen über eine "bloß vorübergehende Marktdelle" zum Behalten der Aktien geraten hatte. Ab der zweiten Jahreshälfte verfiel der Kurs.

Der OGH zieht die Bestimmungen des Börsegesetzes zur Marktmanipulation (§ 48a Abs 1 Z 2 lit c) heran und bejaht deren Eigenschaft als Schutzgesetze iSd § 1311 S 2 ABGB zugunsten des einzelnen Anlegers. Dieser soll davor geschützt werden, dass er auf verbreitete Falschinformationen vertraut und diese seiner Veranlagungsentscheidung zugrunde legt. Anleger dürfen danach nicht mit falschen Versprechungen bzw mit unvollständigen oder unrichtigen Informationen zum Erwerb von Aktien, zu deren Verkauf oder auch zu deren Halten bewogen werden. 
War der Bank erkennbar, dass die von ihr im Vertriebsweg gestreuten - und damit gerade zur Weiterleitung an die Kunden bereit gestellten - Informationen irreführend oder unrichtig sind, haftet sie nach dem OGH "jedenfalls" den Kunden gegenüber, die über diesen Vertriebsweg betreut werden. Offen lässt der OGH, ob darüber hinaus auch ein weiterer Personenkreis in den Schutzbereich der Regelungen fällt und Schadenersatzansprüche ableiten kann.

Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss: Im weiteren Verfahren wird noch zu klären sein, ob die Tatbestandsvoraussetzungen von § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG vorliegen, insb ob die weitergegebenen Informationen objektiv unrichtig waren, von welchen Personen der Berater diese erhalten hatte, ob diese für die beklagte Bank gehandelt haben und ihnen die Unrichtigkeit der Informationen bekannt war oder bekannt sein musste, sowie für die Schadensberechnung (damaliger Kurswert der Aktien als ersatzfähiger hypothetischer Veräußerungserlös) zu welchem Zeitpunkt die Auskunft des Beraters erfolgte.

Anmerkung: Zuletzt hat der OGH in der Entscheidung 4 Ob 129/12t die Haftung der Bank auf die Zurechnung fremden Beraterverhaltens gem § 1313a ABGB gestützt. Im hier entschiedenen Fall scheidet die Zurechnung fremden Beraterverhaltens dagegen - anders als beim erstmaligen Ankauf von Wertpapieren - mangels einer entsprechenden Aufklärungspflicht der Bank aus. Bedeutsam ist die Entscheidung vor allem wegen der Haftungsverschärfung in Hinblick auf den Verschuldensgrad: Anders als nach § 1300 S 2 ABGB haftet die Bank nicht nur für Vorsatz und wissentliche Erteilung eines falschen Rats, sondern schon bei Fahrlässigkeit. Alternativ zur Verletzung des Marktmanipulationsverbots könnte der Schadenersatzanspruch wohl auch auf Schutzwirkungen der Vertriebsvereinbarung zugunsten Dritter gestützt werden. 

OGH 24.01.2013, 8 Ob 104/12w

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