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Urteil: Falsche Anlageberatung durch Bank

Argentinien Anleihen - Bank wurde in erster Instanz zum Schadenersatz von € 133.451 wegen falscher Anlageempfehlung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Statt einer sicheren Staatsanleihe wurde dem Anleger als Pensionsvorsorge ein äußerst riskantes Spekulationspapier verkauft. Die Bank irrte zweimal:

1. Sie war der falschen Meinung, dass Staatsanleihen der Republik Argentinien risikolos sind und empfahl diese einem sicherheitsbetonten Anleger.

2. Irrtümlicherweise lieferte sie dem Anleger unter dem Titel "argentinische Staatsanleihen" letztendlich keine echten Argentinischen Staatsanleihen sondern Schuldverschreibungen einer weitgehend vermögenslosen Firma auf den Cayman Islands.

Der Kläger hatte vor 1996 ungarische Staatsanleihen erworben und damit gute Erfahrungen gemacht. Er wollte daher wieder eine Staatsanleihe erwerben und begab sich Ende 1996 in die Filiale der Klägerin. Er teilte dem Mitarbeiter der beklagten Bank mit, dass er sein Geld so gut als möglich anlegen wolle und er festverzinsliche Wertpapiere bevorzuge. Dabei wies er ausdrücklich darauf hin, dass diese Geldanlage als Pensionsvorsorge gedacht sei und er keinesfalls spekulativ anlegen wollte. Von einer ungarischen Staatsanleihe war der Kläger trotz der guten Erfahrung deshalb abgekommen, da neue ungarische Staatsanleihen nicht mehr so hohe Zinsen boten. Dass der Grund der verschieden hohen Verzinsung ein Risikofaktor ist, hatte der Kläger nicht gewusst. Der Bankmitarbeiter schlug dem Kläger einige Anleihen vor, unter anderem auch argentinische Anleihen. Dort sei mit einer Verzinsung von 12,765 % zu rechnen - so der Mitarbeiter. Er recherchierte im hauseigenen EDV-System und erkundigte sich auch in der Treasury - Abteilung, welche Anleihen da in Frage kämen. Sowohl der Berater als auch die Mitarbeiter der Treasury - Abteilung gingen irrtümlicherweise davon aus, dass die dem Kläger letztendlich angebotenen Wertpapiere argentinische Staatsanleihen seien.

Der Kläger entschied sich für die vermeintliche argentinische Staatsanleihe, wobei er über das Risiko dieser Anleihen nicht aufgeklärt wurde. Argentinien war damals aus der Sicht des Beraters kein Risikofaktor. Über das Rating argentinischer Staatsanleihen wurde nicht gesprochen. Der Kläger erwarb schließlich eine Anleihe mit folgender Bezeichnung: "Republik Argentinien, 12,625% DM-Anleihe 1996 bis 1.9.2002 " und zwar zu einem Nominale von DM 121.000. Unter Berücksichtigung des seinerzeitigen Kurswertes, von Stückzinsen und von Spesen bezahlte der Kläger für dieses Nominale insgesamt DM 133.307,05. Dem Kläger war beim Kauf auch nicht aufgefallen, das es sich nicht um Staatsanleihen handelte.

In der Folge re-investierte der Kläger Ausschüttungen wiederum in diese Anleihen. Bei sämtlichen Re-Investitionen hatte der Kläger mit der Bank erörtert, ob es etwas Attraktiveres gäbe oder ob dieselbe Investition noch einmal getätigt werden sollte. Nachdem das nicht der Fall war, hatte der Kläger eben immer wieder in diese Anleihe investiert. Auch anlässlich dieser Gespräche wurde dem Kläger nicht gesagt, dass es sich nicht um eine Staatsanleihe handle. Auf sämtlichen Depotauszügen, die der Kläger erhielt, waren die Wertpapiere mit "Republik Argentinien" bezeichnet.

Nachdem der Berater ausgeschieden war, hatte sein Nachfolger vom Kläger verlangt, ein Anlegerprofil auszufüllen. Darin kreuzte der Kläger die Rubrik an, dass er nicht bereit sei, die verlangten Informationen zu geben und zwar deshalb, weil der Berater sagte, dass andernfalls die Bank keine derartigen Aufträge für diese Anlagen mehr entgegen nehmen würde, da diese Anleihen aus der Sicht der Bank zu risikoreich seien. Unter Punkt 4) dieses Formulars stand "eine meinen Bedürfnissen entsprechende Beratung laut WAG ist daher nicht möglich. Ich tätige Wertpapierveranlagungen auf eigene Verantwortung....." Der Kläger hatte hinsichtlich dieses Risikos nicht näher nachgefragt. Auch bei dieser Gelegenheit wurde der Kläger nicht darauf hingewiesen, dass er keine Staatsanleihen erworben hatte.

Im Jahr 2002 wurde der Kläger von der Beklagten verständigt, dass die betreffende Anleihe von seinem Wertpapierkonto als wertlos ausgebucht wurde. Aufgrund eigener Nachforschungen fand der Kläger heraus, dass diese Anleihe unter der Bezeichnung "12,625% besicherte Schuldverschreibungen der Argentine Repackaged Bonds Ltd., Cayman Islands" notiert und es sich dabei keineswegs um eine Staatsanleihe der Republik Argentinien sondern um eine Anleihe einer privaten Gesellschaft , mit Sitz auf den Cayman Islands handelt. Solche Schuldverschreibungen sind komplexe Finanzinstrumente, die ein hohes Risiko in sich tragen und nur für den erfahrenen, spekulativ eingestellten Anleger geeignet sind. Es handelt sich um eine reine Zweckgesellschaft ohne nennenswertes eigenes Vermögen. Mit dem aus den Schuldverschreibungen erzielten Gelderlös erwirbt die Gesellschaft Wertpapiere in einer anderen Währung. Auf diese Weise erhält die Gesellschaft Zins- und eventuell auch Tilgungserlöse in dieser anderen Währung. Im gegenständlichen Fall wurde mit dem Geld der Anleger argentinische Staatsschuldverschreibungen gekauft. Die Emissionen erfolgten in Pesos und in US-Dollars.

Der Gesamtschaden des Klägers belief sich auf
€ 133.451,49 (jener Betrag, der dem Kläger bei ordnungsgemäßer Tilgung der Anleihe zugekommen wäre). Dieser Betrag wurde klagsweise gegen die Bank geltend gemacht.

Die Gegenseite wandte ein, dass der Schaden auch beim Erwerb echter argentinischer Staatsanleihen entstanden wäre. Allerdings brachte der Kläger diesbezüglich vor, dass er auch keine argentinischen Staatsanleihen erworben hätte, wenn er über das Risiko dieser Staatsanleihen (laut Rating war die Staatsanleihe mit "BB" bewertet, was durchaus als spekulativ zu bezeichnen ist) richtig aufgeklärt worden wäre.

Das LG Innsbruck verurteilte die Bank zum Schadenersatz in begehrter Höhe, da der Kläger ausdrücklich eine sichere Anlageform zur Sicherung seiner Pension haben wollte. Daraufhin hatte die Beklagte Staatsanleihen vorgeschlagen, die der Kläger zwar bestellt hatte, die allerdings nicht geliefert wurden. Tatsächlich wurde dem Kläger ein hochspekulatives Wertpapier verkauft, das weit entfernt von der vom Kläger angestrebten Sicherheit war. Die Beklagte hatte damit ihren Auftrag - nämlich Staatsanleihen zu beschaffen - nicht erfüllt und überdies ihre Aufklärungspflicht nach § 13 Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) verletzt. Zum Einwand der Gegenseite, dass der Kläger auch beim Erwerb echter argentinischer Staatsanleihen den Schaden erlitten hätte, führte das Gericht folgendes aus: Der Kläger hätte auch diese Staatsanleihen nicht gekauft, wäre er über deren Risiko ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Auch diesbezüglich war somit eine Verletzung der Aufklärungspflicht zu bejahen. Hingegen hätte der Kläger bei einer Investition in Staatsanleihen erstklassiger Bonität keinen Kapitalverlust erlitten, weshalb die beklagte Bank für den geltend gemachten Schaden einzustehen hatte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

LG Innsbruck 1.4.2004, 10 Cg 216/02h
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Klagevertreter: Dr. Günther Riess, Innsbruck

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