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Urteil: EuGH - immaterieller Schadenersatz im Reiserecht

Der EuGH hat entschieden, dass aus Artikel 5 der Pauschalreise-Richtlinie für Verbraucher ein Anspruch auf immateriellen Schadenersatz (für entgangene Urlaubsfreude) abzuleiten ist.

Der VKI begrüßt die Entscheidung des EuGH zum immateriellen Schadenersatz bei Pauschalreisen. Im Fall der Nichterfüllung oder der Schlechterfüllung durch den Reiseveranstalter soll der geschädigte Verbraucher aus Art. 5 der Pauschalreise-Richtlinie einen Anspruch auf Geldersatz für entgangene Urlaubsfreude haben.

Brech-Durchfall in der Türkei

Der Anlassfall ist typisch für Reisebeschwerden beim VKI: Eine Familie verbringt den Sommerurlaub in einem türkischen All-Inclusive-Club. Die Tochter erkrankt - ebenso wie viele andere Clubgäste - an schwerem Brech-Durchfall. Sie bekommt vom österreichischen Gericht zwar Schadenersatz in Form von Schmerzengeld zugesprochen, Schadenersatz für die entgangene Urlaubsfreude (die Familie musste statt Urlaub zu machen, die kranke Tochter pflegen) wurde - mangels gesetzlicher Grundlage - abgewiesen. Das Berufungsgericht fragte den EuGH, ob Schadenersatz für immaterielle Schäden aus der Pauschalreise-Richtlinie abzuleiten sei. Dieser hat diese Vorfrage nun bejaht. Das österreichische Gericht wird nun die Höhe des Schadenersatzes auszumitteln haben.

Wenige Wochen Urlaub sind für viele "die schönste Zeit" im Jahr. Wenn diese wertvolle Freizeit durch schwere Mängel - die der Reiseveranstalter zu vertreten hat - vergällt wird, dann soll der Reiseveranstalter zum Geldersatz verhalten werden.

In Deutschland besteht bereits eine solche Regelung: Deutsche Gerichte sprechen zwischen 25 und 65 Euro pro Tag und Person zu. Voraussetzung ist, dass der Reisevertrag vom Veranstalter nicht erfüllt wurde oder schwerwiegende Mängel (Preisminderungsansprüche über 50 Prozent) vorliegen.

Lieferung versprochen, Urlaub vertan

Der VKI fordert daher den Gesetzgeber auf, den Schadenersatz für entgangene Freizeit gesetzlich zu regeln. Dabei kann der Fall der Pauschalreise gleich als Anlass für eine umfassende Regelung genommen werden. Im Fall des (verschuldeten) Lieferverzuges stellt sich ein ähnliches Problem: Man nimmt einen Urlaubstag, wartet vergeblich auf die Lieferung und hat wertvolle Urlaubszeit vertan. Auch in diesem Fall sollte Geldersatz möglich werden.

Der VKI rät geschädigten Pauschalreisenden, sich bei groben Mängeln bzw. bei Nichterfüllung der Reiseleistung ab sofort auf Art. 5 der Pauschalreise-Richtlinie zu berufen und immaterielle Schäden aus entgangenen Urlaubsfreuden geltend zu machen. Die Gerichte haben das Reiserecht "richtlinienkonform" zu interpretieren und im Lichte der EuGH-Entscheidung Schadenersatz zuzusprechen. (Würden die Gerichte - mangels Anknüpfung im Gesetz - diese Vorgangsweise ablehnen, dann wären Ansprüche auf Staatshaftung wegen mangelnder Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie durch Österreich zu prüfen.)

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