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Urteil: Eigenheimversicherung: Haftungsbegrenzung bei Münzensammlung und Schmuck

Unter die Haftungsbegrenzung für Münzensammlung und Schmuck fallen auch Anlagemünzen (zB Golddukaten) und Eheringe.

Der Kläger hat bei der Beklagten eine Eigenheimversicherung abgeschlossen, die das Risiko des Einbruchdiebstahls umfasste. Die Bedingungen des Versicherungsvertrags (ZGWO) lauten auszugsweise:

...Welche Gefahren sind versichert ? - Artikel 3
...
3. Einbruchdiebstahl und Beraubung
Versichert sind Schäden
- durch versuchten oder vollbrachten Einbruchdiebstahl...

- wir ersetzen:
o in versperrten oder unversperrten, jedoch geschlossenen Möbeln, Geldschränken oder Safes bis EUR 10.000,-
o hievon bis 10 % freiliegend oder in freistehenden Handkassen und Schatullen
o in versperrten Geldschränken ab 100 kg bis EUR 20.000,--."

Nach einem Einbruch in das versicherte Gebäude bezahlte die Beklagte dem Kläger aufgrund dieses Versicherungsfalls bislang 14.941 EUR.

Der Kläger begehrte die Zahlung einer weiteren Versicherungsleistung von 20.035 EUR ua wegen des Diebstahls von Bruchgold (fünf Eheringe) im Wert von 500 EUR, drei Krügerrand-Münzen im Wert von 3.357 EUR und 100 einfache Golddukaten im Wert von 12.800 EUR.

Die Klage wurde abgewiesen:

Die Klausel nach Art 3.3. ZGWO wonach "Bargeld, Valuten, Einlagebücher ohne Klausel, Schmuck (auch unverarbeitete Edelmetalle und Edelsteine), Briefmarken- und Münzensammlungen" nur im dort näher bezeichneten Umfang ersetzt werden, ist eine objektive Risikobegrenzung. Der Zweck solcher Klauseln liegt im Allgemeinen darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll.

Münzensammlung
Die Argumentation des Klägers geht dahin, dass es sich bei den drei Krügerrand-Münzen und den 100 Golddukaten um reine Anlagemünzen handle, deren Ansammlung keine "Münzensammlung" darstelle. Bei den Krügerrand-Münzen und den Golddukaten handelt es sich tatsächlich um Anlagemünzen (Bullionmünzen). Allerdings schränkt Art 3.3. für den dort verwendeten Begriff der "Münzensammlung" den Sammlungszweck nicht ein, weshalb auch die Ansammlung von Münzen zu dem vom Kläger behaupteten Anlagezweck die Anwendung der Entschädigungsgrenze nicht begrifflich ausschließt. Dies zeigt sich auch an der Formulierung der Risikobegrenzung, die auch das - allein der Anlage und Spekulation - dienende "unverarbeitete Edelmetall" umfasst.

Auch der Zweck der Haftungsbegrenzung spricht dafür: Mit dieser Haftungsbegrenzung soll das Risiko des Versicherers aus einem Einbruchdiebstahl in sinnvoller Weise eingeschränkt werden. Das Diebstahlrisiko ist besonders groß bei Sachen von geringer Größe und erkennbar hohem Wert, die ein Dieb besonders leicht verwerten kann. Das gilt auch dann, wenn der betreffende Gegenstand - wie bei einer Anlagemünze - vom Materialwert jedenfalls wesentlich bestimmt wird, einen Marktwert hat und daher einfach verkauft werden kann. Eine Ansammlung von Anlagemünzen ist daher vom Begriff der "Münzensammlung" iSd Art 3.3. ZGWO erfasst.

Eheringe
Der Ring ist eine geradezu typische Schmuckform. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass aus objektiver Sicht nur der Wert des Materials bestimmend ist, während für die Ehepartner mit Eheringen üblicherweise ein zusätzlicher symbolischer Wert verbunden ist; bestimmte Wertanforderungen sind nämlich für den in Art 3.3. ZGWO genannten Schmuck nicht vorgesehen.

Ein (Ehe-)Ring fällt daher jedenfalls unter den in Art 3.3. ZGWO genannten Begriff "Schmuck".

§ 879 Abs 3 ABGB - gröbliche Benachteiligung:
Der Kläger hält Art 3.3. ZGWO insoweit für gröblich benachteiligend als die Begrenzung der Haftung mit einem Betrag von insgesamt 10.000 EUR sowohl bei unversperrten als auch bei ohnehin versperrten Behältnissen der dort beschriebenen Art in gleicher Weise zur Anwendung kommen solle.

Der OGH sieht dies anders: In Art 3.3 ZGWO ist wird eine Differenzierung für besonders sichere Safes (Geldschränke ab 100 kg) vorgenommen. Im Übrigen hat bei einem Einbruchdiebstahl der Täter ohnehin schon so viel kriminelle Energie und entsprechendes Geschick unter Beweis gestellt, dass er sich widerrechtlichen Zutritt in das betreffende Eigenheim verschaffen konnte. Wenn der Versicherer unter solchen Prämissen, bei der Haftungsbeschränkung nicht noch zusätzlich einen ganz signifikanten Sicherheitsunterschied zwischen versperrten oder unversperrten Möbeln, Geldschränken oder Safes abbildet, dann ist darin jedenfalls keine so wesentliche Einschränkung gegenüber jenem Standard zu erkennen, sodass sie der durchschnittliche Versicherungsnehmer von einer Versicherung dieser Art erwarten kann. Die Klausel ist daher nicht nach § 879 Abs 3 ABGB unzulässig.

OGH 29.5.2019, 7 Ob 249/18w

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