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Urteil: EC-Mißbrauch

Die Judikatur zum Thema Mißbrauch von gestohlenen (weil "sorglos" verwahrten) Euroschecks festigt sich. Die Bank trifft, da sie die Unterschriften nicht prüft, ein Mitverschulden von 50 Prozent.

Eine Verbraucherin hatte ihre Euroscheckkarte sowie Euroschecks in ihrem mit einer Alarmanlage gesicherten und versperrtem Fahrzeug für 10 Minuten um die Mittagszeit auf einem Parkplatz in Wien zurückgelassen. In dieser Zeit wurden Scheckformulare und Scheckkarte gestohlen und in der Folge wurden die Schecks bei ausländischen Banken eingelöst. Die kontoführende Bank belastete die Verbraucherin im Ausmaß der eingelösten Summen. Die Bank berief sich darauf, die Verbraucherin hätte - entgegen den Bedingungen für die Verwendung der Euroscheckkarte - Scheck und Scheckkarte in einem abgestellten Fahrzeug zurückgelassen und daher treffe sie die gesamte Haftung.

Der VKI führte einen Musterprozess und klagte auf Gutbuchung der abgebuchten Summen. Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt und hielt fest, dass das unbeaufsichtigte Belassen von Schecks und Scheckkarte in einem durch Alarmanlage gesicherten Fahrzeug für 10 Minuten um die Mittagszeit auf einem Parkplatz in Wien nicht als "fahrlässig" qualifiziert werden könne. Dies würde eine Überspannung des Sorgfaltsmaßstabes darstellen. Ohne Hinzutreten weiterer gefahrerhöhender Momente sei in einem solchen Verhalten die Verletzung der gebotenen Sorgfaltspflicht nicht zu erblicken.

Aufgrund der Berufung der beklagten Bank änderte das Berufungsgericht das Ersturteil dahingehend ab, dass es zu einer Verschuldensteilung von 50:50 kam. Das Berufungsgericht zitierte OGH-Entscheidungen, die davon ausgehen, dass die Verletzung der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwahrung von Scheckformularen und Euroscheckkarte, die deren Diebstahl ermöglicht, eine positive Vertragsverletzung des Kunden darstelle. Das Berufungsgericht beurteilte daher auch im vorliegenden Fall das Zurücklassen beider Medien im abgestellten Fahrzeug als positive Vertragsverletzung. Für die Frage des Mitverschuldens setzte sich das Gericht mit der Einlösungsverpflichtung der Bank gegenüber gutgläubigen dritten Schecknehmern auseinander und hielt fest, dass eine solche Einlösungsverpflichtung nur bestehe, wenn der Euroscheck nach seinem äußeren Anschein bei der Begebung die Garantiebedingungen erfülle. Da die beklagte Bank trotz Kenntnis des Diebstahls keinen Vergleich der Unterschriften vorgenommen hatte, nahm sie sich von vornherein die Möglichkeit, die Frage der Gutgläubigkeit des Schecknehmers - also der ausländischen Bank - überhaupt zu überprüfen. Bei sich aus dem Unterschriftenvergleich ergebenden Zweifeln an der Gutgläubigkeit des Schecknehmers wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, beim Schecknehmer entsprechende Erkundigungen über die Vorgänge bei der Scheckeinlösung einzuholen. Das Berufungsgericht bewertete dies als ein 50%-iges Mitverschulden der Bank.

Damit konnte die - vor allem durch Musterprozesse des VKI - erwirkte Judikaturlinie fortgesetzt werden, wonach bei sogenannter "sorgfaltswidriger" Verwahrung von Euroschecks und Scheckkarte einerseits und der mangelnden Unterschriftprüfung durch die bezogene Bank andererseits eine Verschuldenteilung von 50:50 vorzunehmen ist.

HG Wien 25.8.1998, 1 R 507/97y

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