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Urteil: Argentinien Staatsanleihen II
Bank haftet für falsche Anlageempfehlung

Der Erbringer von Dienstleistungen iSd § 13 Z 1 bis 4 Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) darf keine Veranlagungen empfehlen, die mit den Interessen des Kunden nicht übereinstimmen.

Am 07.07.1997, wie auch am 04.04.2000 und am 27.10.2000 erwarb die Konsumentin aufgrund der Beratung eines Mitarbeiters der beklagten Partei Argentinische Staatsanleihen. Beim Kauf der gegenständlichen Anleihen gab die Konsumentin an, dass sie ihr Geld "möglichst sicher" veranlagen wollte.

Lediglich beim Kauf der Anleihen im April 2000 wurde ein Anlegerprofil erstellt. Als Anlageziel wurde "Aufbau einer eisernen Reserve zur Vermögensbildung" angekreuzt, die Anlagedauer sollte langfristig (über fünf Jahre) sein. Da die Konsumentin schon früher mexikanische und ungarische Anleihen erworben hatte, wurde zur Anlage-Erfahrung festgehalten, dass die Konsumentin Erfahrungen mit Anleihen habe. Betreffend Risikobereitschaft wurde "geringes Risiko" angekreuzt. Anlässlich der Erstellung dieses Anlegerprofils teilte der Mitarbeiter der Beklagten mit, dass das Risiko bestehe, dass die Zinsen verspätet gezahlt werden könnten. Er sagte nicht, dass die Zinsen überhaupt ausfallen könnten. Die Frage des Mitarbeiters, ob für die Konsumentin der Erwerb von Aktien in Frage käme, verneinte diese unter dem Hinweis auf die Möglichkeit des Verlustes des eingesetzten Kapitals.

Beim dritten Ankauf im Oktober 2000 wurde über das Risiko überhaupt nicht mehr gesprochen. Dass nach internen Angaben der Beklagten zu diesem Zeitpunkt das Risiko bereits als hoch und im April 2000 bereits als erhöht eingestuft war, kam nicht zur Sprache.

Durch den Staatsbankrott im Jahr 2001 hat die Republik Argentinien zum Jahreswechsel 2001/2002 seine Zahlungsunfähigkeit erklärt. Bereits ab Jahresmitte 2001 kam es zu sehr starken Kursverlusten argentinischer Staatsanleihen.

Da die Abschichtung erst in Zukunft erfolgen wird, war der Schaden zwar absehbar, konnte aber noch nicht konkret beziffert werden. Mit Unterstützung des VKI - im Auftrag des BMSG - wurde daher gegen die Bank eine Feststellungsklage eingebracht, wonach die Bank für den Schaden haften sollte, der der Klägerin aus der mangelhaften Beratung entsteht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und führte aus, dass die Beklagte als zu Finanzdienstleistungsgeschäften konzessionierte Bank ihre Dienstleistungen im Sinne des § 13 Z 1 bis 4 Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) zu erbringen habe. § 14 Z 1 WAG bestimme ausdrücklich, das es dem Erbringer solcher Dienstleistungen untersagt ist, den Kunden den Ankauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten oder Veranlagungen zu empfehlen, wenn soweit die Empfehlung nicht mit den Interessen des Kunden übereinstimmt.

Anlässlich der Beratung und des Kaufantrages der Klägerin am 07.07.1997 habe die beklagte Partei jedenfalls gegen § 13 Z 3 WAG, welcher am 01.07.2000 in Kraft getreten ist, verstoßen. Demnach ist die Bank als Finanzdienstleistungsunternehmen verpflichtet, von ihren Kunden ein Anleger- bzw. Kundenprofil zu erstellen.

Bezüglich der beiden im Jahr 2000 gekauften Anleihen führte das Erstgericht aus, dass zu diesen Zeitpunkten für die Mitarbeiter der beklagten Partei bereits bekannt gewesen sei, das ein höheres bzw. hohes Risiko besteht. Dies sei aber der Klägerin nicht mitgeteilt worden. Die Erwartungshaltung der Klägerin an das betreffende Risiko der Veranlagung sei jedenfalls nicht mit der Zeichnung dieser Anleihen vereinbar gewesen. Die von der Klägerin gewünschte Sicherheit "eiserne Reserve" bestand nicht, weshalb die beklagte Partei bezüglich dieser beiden Ankäufe gegen § 13 Z 1 WAG verstoßen habe.

In allen drei Fällen sei daher der Klägerin aufgrund des Staatsbankrottes und des damit einhergehenden Kursverlustes ein von der Beklagen zu ersetzender Schaden entstanden.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 07.04.2004, 26 Cg 118/03f, (VR-Info 5/2004), sprach das HG Wien einem anderen Konsumenten, welcher ebenfalls am 27.10.2000 Argentinische Staatsanleihen bei der Beklagten gekauft hatte, Schadenersatz aufgrund der schuldhaften Verletzung der Sorgfalts- und Aufklärungspflichten des § 13 WAG zu.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien, 20.12.2004 25 Cg 104/03i
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Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien

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