Zum Inhalt

OLG Wien: Mag. Steiner haftet für Beratungsfehler

Wenn kreditfinanzierte Lebensversicherungen als "Sparen ohne Eigenmittel" verkauft werden und dabei zugesichert wird, dass keinerlei Eigenleistung erforderlich ist, liegt ein Beratungsfehler vor, wenn tatsächlich bereits die Zinsen für die Privatkredite selbst von den Konsumenten aufzubringen sind. Bei der Vermittlung von Lebensversicherungen und Krediten an Minderjährige ist überdies auf das Erfordernis einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung hinzuweisen.

Eine Konsumentin kam im Jahr 2007 in das Büro des Vermögensberaters Mag. Johannes Steiner, wo ihr von einer Mitarbeiterin versprochen wurde, dass sie einen Sofortertrag von EUR 500,-- erhalten würde, wenn sie eine Lebensversicherung abschließen würde (Modell "Sepi neu"). Die Prämien für diese Lebensversicherung samt Zinsen sollten - ohne eigenen Beitrag der Konsumentin - über Kredite finanziert werden ("Sparen ohne Eigenmittel"). Am Ende der Laufzeit sollte der Ertrag aus der Lebensversicherung die Aufwendungen abdecken und auf Grund einer Nettoperformance von 7 % ein Ertrag von EUR 8.000,-- übrigbleiben. In der Folge schloss sie eine Lebensversicherung für sich und ihre mj. Tocher mit einer Versicherungsprämie von jährlich jeweils EUR 2.400,-- ab.

Vier Jahresprämien wurden in den Folgejahren durch Kredite von jeweils EUR 2.400,-- abgedeckt, zum Ende des vierten Jahres löste die Konsumentin die Versicherungen auf. Die Rückkaufswerte betrugen nur EUR 5.336,53 bzw. EUR 7.100,47. Die Konsumentin hatte nämlich das Vertrauen in den Vermögensberater verloren und u.a. bemerkt, dass sie die Zinsen für die Privatkredite doch selbst finanzieren musste.

Neben diesem "Sparen ohne Eigenmittel" stellte die Konsumentin im Jahr 2008 dem Vermögensberater einen Betrag von EUR 10.000,-- zur Verfügung, damit dieser das Geld als Kredit vermittelte. Der Kreditvertrag hatte eine Laufzeit von 5 Jahren. Der Konsumentin wurde aber gesagt, dass sie das Geld auch vor Ablauf der 5 Jahre zurückerhalten könne.

Als die Konsumentin 2010 die Rückzahlung des Kredites forderte, wurde ihr mitgeteilt, dass eine vorzeitige Rückforderung nicht möglich sei. Mag. Steiner vermittelte allerdings drei Kredite über EUR 10.000,-- an die Konsumentin, welche erst nachträglich bemerkte, dass es sich dabei nicht um die Rückzahlung ihres Kapitals sondern um Kreditbeträge handelte.

Das OLG Wien geht von einem Beratungsfehler aus, für den Mag. Steiner einzustehen hat. Die Konsumentin ist so zu stellen, wie sie stünde, hätte sie die Lebensversicherung im Modell "Sparen ohne Eigenmittel" nicht abgeschlossen. Diesfalls hätte sie auch keine Zinsen für die Kredite zu bezahlen gehabt. Mag. Steiner haftet daher grundsätzlich für die bezahlten Prämien und Zinsen. Für die Betreibungskosten, welche die Konsumentin an eine Kreditgeberin zu zahlen hatte, haftet er allerdings nicht.

Hinsichtlich der Lebensversicherung der mj. Tochter der Konsumentin weist das OLG Wien darauf hin, dass diese mangels pflegschaftsbehördlicher Genehmigung nichtig sind, da diese nicht den Voraussetzungen für eine mündelsichere Veranlagung des § 230a ABGB entsprechen. Es bestehen daher Rückabwicklungsansprüche gegenüber der Versicherungsgesellschaft.

Mag. Steiner haftet überdies auch für nachteilige Folgen im Zusammenhang mit der Kreditvergabe durch die Konsumentin.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 28.8.2013, 13 R 215/12a
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht ablehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Urteil zur vorzeitigen Kreditrückzahlung

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums ein Verfahren gegen die Unicredit Bank Austria AG. Es geht in dem Verfahren um die Frage, ob bei vorzeitiger Kreditrückzahlung auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig zurückerstattet werden müssen und ob dies auch für die Rechtslage vor dem 1.1.2021 gilt. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI Recht und bestätigte, dass auch nach der alten Rechtslage bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig von der Bank zurückzuerstatten sind. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

VKI-Erfolg gegen Online-Broker DEGIRO

DEGIRO B.V. ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden, der auf „degiro.at“ eine Online-Trading-Plattform anbietet, über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums DEGIRO wegen diverser Klauseln in den Geschäftsbedingungen geklagt. Nachdem bereits das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien dutzende Klauseln als unzulässig beurteilt haben, liegt nun die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor: Das Höchstgericht erachtet 48 Klauseln als gesetzwidrig.

Zum Seitenanfang