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OGH: Wandlungsrecht beim Fertigteilhaus

Ob der Mangel gem. § 932 Abs 4 ABGB als nicht geringfügig anzusehen ist und damit das Recht auf Wandlung bei einem Fertigteilhaus zu Recht besteht, ist anhand einer Interessensabwägung durchzuführen.

Hiebei sind sowohl die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Aufhebung des Vertrages im Hinblick auf die damit verbundenen Folgen der Parteien, aber auch die "Schwere" des Mangels zu berücksichtigen. Die Frage, ob der Mangel mit einem im Vergleich zum Kaufpreis geringfügigen Aufwand behebbar wäre, ist nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger erwarb ein Fertigteilhaus (Rohbau) von knapp 68.000,-- Euro , das zahlreiche von der Beklagten zu vertretende Mängel aufwies. Die Kosten für die Behebung beliefen sich auf rund 16.500,-- Euro.  Der Hauptteil der Kosten entfiel auf einen Leimbinderträger, dem die für den statischen Nachweis erforderliche Tragfähigkeit fehlte und der Belastung nicht standhielt. Der Kläger beanspruchte daraufhin das Recht auf Vertragswandlung und begehrte den Ersatz des in diesem Fall fruchtlos gewordenen Aufwands. Entgegen der Entscheidung des Erstgerichts, das die Vertragswandlung und den Schadenersatz abwies und dem Kläger lediglich einen Preisminderungsanspruch zusprach, erklärte das Berufungsgericht den Vertrag über die Errichtung des Fertigteilhauses für aufgehoben und verpflichtete den Beklagten zur Rückzahlung des gesamten Kaufpreises von knapp 68.000,-- Euro sowie zur Zahlung von rund 60.000,-- Euro Schadenersatz.

Der Beklagte begründete die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision damit, dass die Geringfügigkeit der vom Erstgericht festgestellten Mängel das Recht auf Mangel ausschließe und die Vertragsauflösung in Anbetracht der ihr drohenden finanziellen Nachteile unverhältnismäßig und unangemessen wäre.

Der OGH ließ die außerordentliche Revision nicht zu, auch wenn Rechtsprechung zu einem völlig gleichgelagerten Sachverhalt fehle, denn die Grundsätze des § 932 Abs 4 ABGB gelten für entgeltliche Verträge ohne Rücksicht auf deren Gegenstand.

Die mangelhafte Ausführung des Leimbinders führte dazu, dass der für eine positive Benützungsbewilligung erforderliche Nachweis für eine fachgerechte Ausführung in statischer Hinsicht nicht erbracht werden konnte. Für die Benutzbarkeit des Hauses ist der Austausch des Leimbinders unabdingbar. Schon dieser Umstand steht der Annahme eines geringfügigen Mangels entgegen. Nach Wandlung hat der Besteller Anspruch auf das negative Vertragsintereesse, das auf den Ersatz des Schadens gerichtet ist, der durch das Vertrauen auf die Mangelfreiheit entstand. Er kann daher den Ersatz seines Vertrauensschadens verlangen.

OGH 23.2.2011, 3 Ob 202/10t

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