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Urteil: Wüstenrot muss die Verwendung gesetzwidriger Klauseln unterlassen

Der VKI hat im Auftrag des BMSK 4 Klauseln der AGB der Bausparkasse Wüstenrot abgemahnt. Eine Klausel war bereits von der Bausparkasse als rechtswidrig erkannt und rechtzeitig geändert worden. Drei Klauseln konnten erfolgreich bekämpft werden: Gröbliche Benachteiligung, Intransparenz und eine unzulässige Zugangsfiktion konnten beseitigt werden.

Im Auftrag des BMSK hat der VKI vier Klauseln der AGB der Bausparkasse Wüstenrot bekämpft:
Die erste Bestimmung sah eine Vorfälligkeitsgebühr im Fall teilweiser oder gänzlicher vorzeitiger Rückzahlung der Darlehenssumme vor. Die Bausparkasse Wüstenrot stellte bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) den Antrag, die Streichung dieser Klausel mit Wirksamkeit für den gesamten Vertragsbestand, für Alt- als auch für Neuverträge zu bewilligen. Sie war nicht mehr Bestandteil der Verträge, die Bewilligung der FMA wurde erteilt. Dies genügte dem Erst- sowie dem Berufungsgericht zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr. Es wurde keine Abgabe einer Unterlassungserklärung für diese Bestimmung mehr als erforderlich angesehen.

Anders bei den restlichen drei Klauseln: Die Bausparkasse Wüstenrot änderte diese Klauseln ab und beantragte diesbezüglich eine Genehmigung bei der FMA. Nach in Kraft treten der geänderten Klauseln wies die Bausparkasse darauf hin, dass keine Wiederholungsgefahr bestünde, es gäbe keinen Anlass für die Klagsführung. Der OGH bejahte das Vorliegen der Wiederholungsgefahr: Gibt der Unternehmer keine mit angemessener Konventionalstrafe besicherte Unterlassungserklärung ab, so ist die Wiederholungsgefahr indiziert. Die Bausparkasse Wüstenrot habe sich auch keinesfalls von den früheren bekämpften Klauseln distanziert, sondern habe im Gegenteil im Revisionsverfahren deren Rechtmäßigkeit verteidigt. Für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr genügte dem OGH die Genehmigung der geänderten Klauseln durch die FMA nicht. Sie ersetzt nicht die  Unterlassungserklärung.

Die erste Klausel sah eine Vorfälligkeitsgebühr bei vorzeitiger Rückzahlung im Ausmaß von  2 % vor. Eine solche Gebühr darf aber nur dann verrechnet werden, wenn es sich um einen Kredit zur Schaffung oder Sanierung von Gebäuden mit einer Laufzeit von zumindest zehn Jahren oder einen hypothekarisch gesicherten Kredit handelt, zulässigerweise eine Kündigungsfrist nach § 33 Abs 8 Z 1 der Z 2 BWG vereinbart wurde und wenn der Verbraucher diese Kündigungsfrist nicht einhält. Wurde, wie vorliegend, keine Kündigungsfrist in diesem Sinne vereinbart, darf das Kreditinstitut auch keine Vorfälligkeitsgebühr vorsehen bzw. verrechnen. Da die Bausparkasse diese Klausel  bereits vor der Abmahnung änderte und dies der FMA anzeigte, ist die Klage hinsichtlich dieser Klausel abgewiesen worden.

Die zweite Klausel berechtige die Bausparkasse Wüstenrot, wenn der Bausparer sachlich gerechtfertigten, aber nicht geringfügigen Änderungen rechtzeitig widersprach, den Bausparvertrag zu kündigen und dafür eine Stornogebühr in der Höhe von 0,5 % der Vertragssumme bzw. der Höhe des niedrigeren Sparguthabens vom Konsumenten zu fordern.
Der OGH qualifizierte diese Bestimmung als Vertragsstrafe iSd § 1336 Abs 1 ABGB.
Da die Stornogebühr zu leisten ist, obwohl der Bausparer schuldlos an der Beendigung des Vertragsverhältnisses ist und er auch gar keine Vertragsverletzung begangen hat, bewirkt die Klausel lt. OGH eine gröbliche Benachteiligung des Verbrauchers. Auch in dem Umstand, dass die Vertragsstrafe von der Höhe der Vertragssumme abhängig ist, ist eine Verletzung des § 879 Abs 3 ABGB zu sehen: Durch die vorzeitige Vertragsauflösung erspart sich die Bausparkasse den Aufwand für Kontoführung und Verwaltung. Dieser Aufwand ist im Fall des Auslaufens des Vertrages nicht von der Höhe der Spareinlage abhängig. Eine Anknüpfung daran stellt eine gröbliche Benachteiligung dar.
Die dritte Klausel normiert eine Zugangsfiktion für Willens- und Wissenserklärungen der Bausparkasse:  Eine Adressänderung sei umgehend, längstens aber binnen vier Wochen, der Bausparkasse bekannt zu geben.  Die Klausel verstößt, so der OGH, gegen § 6 Abs 1 Z 3 KSchG, wonach eine Vertragsbestimmung für den Verbraucher nicht verbindlich ist, nach der eine für ihn rechtlich bedeutsame Erklärung des Unternehmers, die jenem nicht zugegangen ist, als ihm zugegangen gilt, sofern es sich um die Wirksamkeit einer an die zuletzt bekanntgegebene Anschrift des Verbrauchers gesendete Erklärung für den Fall handelt, dass der Verbraucher dem Unternehmer eine Änderung seiner Anschrift nicht bekanntgegeben hat. Ausgenommen vom Verbot der Zugangsfiktion sind Vertragsbestimmungen nach denen der Zugang einer Erklärung an der vom Verbraucher zuletzt bekannt gegebenen Anschrift eintritt, sofern der Verbraucher pflichtwidrig eine Anschriftenänderung nicht bekannt gibt.  Die Vertragsbestimmung ist zu weit gefasst. Denn es ist nicht nur die genannte Ausnahmebestimmung von der Klausel umfasst sondern auch Fälle krankheits- oder urlaubsbedingter Abwesenheit, die durchaus länger als vier Wochen dauern können. Fristenauslösende Erklärungen der Bausparkasse könnten wirksam werden, noch bevor der Konsument Kenntnis von ihnen erlangt hat. Das Risiko des Zuganges von Erklärungen des Unternehmers soll aber nicht auf den Verbraucher überwälzt werden können. Die Klausel ist daher nicht verbindlich.

Nach der vierten und letzten Klausel sind Willens- und Wissenserklärungen des Bausparers bzw. Darlehensnehmers wirksam,  sobald sie der Bausparkasse an ihrem Sitz schriftlich zugegangen sind. Die Regelung stellt eine unzulässige Verschärfung des Zugangserfordernisses des § 6 Abs 1 Z 4 KSchG dar. Diese gesetzliche Regelung besagt, dass eine  vom Verbraucher dem Unternehmer abgegebene Anzeige oder Erklärung keiner strengeren Form als der Schriftform oder besonderen Zugangserfordernissen unterworfen werden darf. Das Verbot umfasst sowohl Verschärfungen der Form des Zugangs als auch des Zeitpunkts und Ortes des Zugangs der Erklärung. In dem Umstand, dass  die Erklärung des Verbrauchers an eine bestimmte Stelle im Bereich der Unternehmensorganisation gerichtet sein muss, wie hier an den Sitz des Unternehmens, der in Salzburg ist, ist nach der Ansicht des OGH ein unzulässiges besonderes Zugangserfordernis im Sinn des § 6 Abs 1 Z 4 KSchG zu sehen.

OGH Wien, 26.6.2008, 10 Ob 47/08x
Volltextservice:
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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