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Zahlscheingebühren: OGH legt Frage nach Zulässigkeit des Verbots dem EuGH vor

Nun soll der Europäische Gerichtshof entscheiden, ob Österreich die Einhebung von Zusatzentgelten für Bezahlung von Rechnungen per Zahlschein oder Onlinebanking gesetzlich verbieten darf.

Wer seine Rechnungen nicht durch den Unternehmer einfach von seinem Konto einziehen lassen will, muss in vielen Fällen für Zahlscheinzahlungen eine Art "Strafentgelt" entrichten. Das ist vielen KonsumentInnen ein Dorn im Auge.

Der VKI hat daher im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums mehrere Unterlassungsklagen gegen Unternehmen eingebracht: Denn das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) verbietet grundsätzlich seit 1.11.2009 die Verrechnung derartiger Strafgebühren für die Bezahlung per Zahlschein oder Onlinebanking. Gerade die Mobilfunkbranche erwirtschaftet mit derartigen Entgelten Jahr für Jahr ein beträchtliches Körberlgeld.

Alle Unterinstanzen haben der Ansicht des VKI vollinhaltlich Recht gegeben. Nun hätte der OGH endlich für Rechtssicherheit sorgen können. Das von T-Mobile eingebrachte Argument, die dem ZaDiG zugrunde liegende europäische Richtlinie würde es Österreich nicht gestatten, die Verrechnung derartiger Entgelte für alle Zahlungsarten zu verbieten (sondern nur für bestimmte, etwa Kreditkartenzahlungen), führte beim OGH zum Beschluss, die Rechtsfrage dem EuGH vorzulegen. 

Aus Sicht des österreichischen Verbraucherschutzes ist dies freilich zu bedauern. Da aus Sicht des VKI kein wirklicher Zweifel daran besteht, dass die österreichische Regelung europarechtskonform ist, hätte der OGH wohl auch selbst entscheiden können. 

Artikel 52 Abs 2 dieser EU-Richtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten, ein Verbot der Verrechnung von Zusatzgebühren dann innerstaatlich vorzusehen, wenn ua die Nutzung effizienter Zahlungsarten gefördert wird. T-Mobile hatte ua eingewendet, dass die Bezahlung per Zahlschein keine effiziente Zahlungsart sei, die iSd Richtlinie nicht gefördert werden dürfe. Freilich verrechnen Unternehmen häufig gerade deshalb Zahlscheingebühren, um die KonsumentInnen zur Bezahlung per Einzugsermächtigung hinzulocken. Wenn das Einzugsermächtigungsverfahren auch für Unternehmen die effizienteste Zahlungsart sein mag, kann nicht gesamtwirtschaftlich eine Abstufung der Zahlungsarten nach dem Grad ihrer Effizienz aufgestellt werden. Viele KonsumentInnen bezahlen ihre (Handy)Rechnungen bewusst per Zahlschein, da sie erst nach Überprüfung der Rechnung selbst bestimmen möchten, ob und in welcher Höhe die Zahlung erfolgen soll. Ist etwa das Konto nicht permanent hinreichend gedeckt, können bei Einzugsermächtigungen zudem teure Rücklastspesen und Mahnungen anfallen. Die Förderung von - für alle KonsumentInnen - effizienten Zahlungsarten wird daher gerade mit der österreichischen Regelung gefördert: Für keine Zahlungsart darf vom Zahlungsempfänger ein Zusatzentgelt verrechnet werden. 

Durch das nunmehr eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren wird die Klärung einer Frage, die für zahlreiche KonsumentInnen praktisch relevant ist, voraussichtlich um Monate, wenn nicht Jahre verzögert. 

Konsumentenschutzminister Hundstorfer appelliert daher an die Unternehmen, bis zu einer endgültigen Entscheidung das gesetzliche Verbot umzusetzen und auf die Verrechnung von Zahlscheingebühren zu verzichten. 

Folgen die Unternehmer diesem Appell nicht, dann bleibt Konsumenten ein kleiner Trost: Wenn sich das Verbot als rechtmäßig herausstellt, haben die Unternehmer zu Unrecht bezahlte Entgelte zurückzuzahlen - mit 4 Prozent Zinsen; das ist besser als derzeit Geld am Sparbuch (rund 2%).

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