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VwGH: Auskunftsanspruch gegenüber der FMA

Das Interesse einer Person, die bei der FMA - zur Durchsetzung allfälliger Schäden vor den Zivilgerichten - eine Auskunft beantragt, kann nicht (generell) weniger wiegen als das Interesse der Parteien der (verwaltungsstrafrechtlichen) Verfahren an der Geheimhaltung.

Eine Privatperson (im Folgenden Beschwerdeführer) hatte 2008 bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) eine Auskunftserteilung über die M*-Bank und die M*-Limited mit der Begründung beantragt, nur die FMA Behörde verfüge über die begehrten Informationen, die der Beschwerdeführer zur Vorbereitung von zivilrechtlichen Verfahren im Zusammenhang mit dem (behauptetermaßen) erlittenen Schaden benötige. Die FMA verweigerte die Auskunft und stützte sich dabei auf das Amtsgeheimnis: Begründend führte die FMA aus, die Fragen bezögen sich auf Verfahren der FMA im Zusammenhang mit der M*-Bank und der M*-Limited. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte diesen Bescheid aufgehoben mit der Begründung, dass die FMA ihrer Begründungspflicht gemessen am Zweck der Amtsverschwiegenheit im Beschwerdefall nicht ausreichend entsprochen habe. Dem Bescheid der FMA konnte nämlich nicht entnommen werden, warum eine Auskunftserteilung die Vorbereitung von Entscheidungen in möglicherweise anhängigen Verfahren hindern sollte.

Die FMA erließ in Folge einen Ersatzbescheid, in dem sie sich wieder auf die Amtsverschwiegenheit stützte und die Auskunft verweigerte. Aus dem Inhalt dieses Ersatzbescheides geht hervor, dass bei der FMA Verwaltungs(straf)verfahren anhängig sind oder waren, die von dem jeweiligen Auskunftsbegehren potenziell betroffen sein könnten. Es ist weiter nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides davon auszugehen, dass ein Teil dieser Verfahren in erster Instanz abgeschlossen wurde und nunmehr ein Rechtsmittelverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat anhängig ist. Ein weiterer Teil dieser Verfahren steht offenbar im Zusammenhang mit gerichtlichen Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft.

Auch diesen Ersatzbescheid hat der VwGH nunmehr wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die FMA hätte im gegebenen Zusammenhang ihrer Begründungspflicht nur dann entsprochen, wenn sie angegeben hätte, bei welcher Behörde (oder Gericht) Verfahren anhängig seien. Allenfalls hätte die FMA ihrer Begründungspflicht auch dann entsprochen, wenn sie die Behörde (oder das Gericht) genannt hätte, nach deren (dessen) Ansicht eine Auskunftserteilung aus dem Grunde der Vorbereitung einer Entscheidung oder allenfalls sonstiger Gründe nicht in Betracht käme.

Der Beschwerdeführer behauptete, dass nur die belangte Behörde über die begehrten Informationen verfüge, die der Beschwerdeführer zur Vorbereitung von zivilrechtlichen Verfahren benötige.  Bei Zutreffen dieser Behauptungen teilt der VwGH im Beschwerdefall nicht die Ansicht der FMA, wonach (generell) das Interesse des Beschwerdeführers zur Durchsetzung allfälliger Schäden vor den Zivilgerichten das Interesse der Parteien der (verwaltungsstrafrechtlichen) Verfahren an der Geheimhaltung nicht überwiegen könnte.
Die hier angestellten Erwägungen gelten auch für den Fall, dass (in erster Instanz) rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren von dem gestellten Auskunftsbegehren (potenziell) erfasst wären.

VwGH 26.03.2010, 2009/17/0142

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