Zum Inhalt

VKI-Sammelklage gegen AWD: Weg frei für Klärung

HG Wien sieht Sammelklage für zulässig an und beginnt Prozess.

Am 7.7.2010 fand am HG Wien die erste Verhandlung in der Sammelklage III (1305 Ansprüche - 21 Mio Streitwert) des VKI gegen den AWD statt. Der AWD hatte sich mit vielerlei Argumenten gegen die Zulässigkeit der Sammelklage gewehrt. Dennoch hat auch der Richtersenat in Sammelklage III - ebenso wie der Einzelrichter in Sammelklage I - die Sammelklage als zulässig angesehen. Diese Entscheidung ist rechtkräftig. Nun wird ab Herbst in der Sache verhandelt.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) macht - im Auftrag des Konsumentenschutz-ministeriums - und in Zusammenarbeit mit dem deutschen Prozessfinanzierer FORIS sowie Rechtsanwalt Dr. Alexander Klauser in fünf Sammelklagen die Schadenersatzansprüche von rund 2500 geschädigten Kleinanlegern (Streitwert rund 40 Mio Euro) gegen den AWD geltend. Der Vorwurf lautet auf "systematische Fehlberatung" von Anlegern, denen Immobilienaktien (Immofinanz und Immoeast) als "so sicher wie ein Sparbuch" vermittelt wurden. Ab Juni 2007 kam es bei diesen Aktien zu dramatischen Kurseinbrüchen.

Der AWD bekämpft vor allem die Klagsform - eine Sammelklage sei nicht zulässig. Das Kalkül des AWD: Einzelklagen würden das Prozesskostenrisiko und den gesamten Prozessaufwand derart steigern, dass viele Kläger bzw der Prozessfinanzierer aussteigen würden und der AWD ungeschoren davon käme.

Bereits im November hatte aber das Handelsgericht Wien die Sammelklage I als zulässig angesehen. Nun folgt auch der Richtersenat bei Sammelklage III dieser Entscheidung und lässt die Sammelklage III ebenfalls zu. Dagegen ist - das hat das Oberlandesgericht Wien bei Sammelklage I bereits festgestellt - kein Rechtsmittel zulässig. Ab Herbst wird also in der Sache verhandelt.

"Die Abwehrstrategie des AWD ist gescheitert! Es ist zu hoffen, dass der Eigentümer des AWD - die schweizer Swiss-Life - nun die Situation neu bewertet und endlich auf das Angebot des VKI reagiert und in Vergleichsverhandlungen eintritt," sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI. "Nur ein klarer Schluss-Strich unter die Vergangenheit wird dem Konzept "AWD-neu" Glaubwürdigkeit verleihen. Wir laden AWD und Swiss-Life dazu ausdrücklich ein."

Wenn der AWD aber die Vorwürfe gerichtlich geprüft sehen will, dann ist auch das sehr prozessökonomisch möglich: In Musterprozessen die Klärung der strittigen Sach- und Rechtsfragen vorantreiben und ein Verjährungsverzicht für alle übrigen Fälle. Doch auch dazu war der AWD bislang nicht bereit.

"Der AWD wird nicht ewig vor der Klärung seiner Verantwortung in der Vergangenheit davonlaufen können. Kommt es weder zu einem Vergleich noch zu Musterverfahren, dann wird ab Herbst die Frage der systematischen Fehlberatungen eben in den Sammelklagen geklärt," sagt Dr. Peter Kolba.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht ablehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Urteil zur vorzeitigen Kreditrückzahlung

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums ein Verfahren gegen die Unicredit Bank Austria AG. Es geht in dem Verfahren um die Frage, ob bei vorzeitiger Kreditrückzahlung auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig zurückerstattet werden müssen und ob dies auch für die Rechtslage vor dem 1.1.2021 gilt. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI Recht und bestätigte, dass auch nach der alten Rechtslage bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig von der Bank zurückzuerstatten sind. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

VKI-Erfolg gegen Online-Broker DEGIRO

DEGIRO B.V. ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden, der auf „degiro.at“ eine Online-Trading-Plattform anbietet, über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums DEGIRO wegen diverser Klauseln in den Geschäftsbedingungen geklagt. Nachdem bereits das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien dutzende Klauseln als unzulässig beurteilt haben, liegt nun die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor: Das Höchstgericht erachtet 48 Klauseln als gesetzwidrig.

Zum Seitenanfang