Zum Inhalt

VKI gegen AWD: OLG bestätigt Klagslegitimation des VKI

Berufungsgericht weist Berufung des AWD ab

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums, finanziert vom Prozessfinanzierer FORIS AG und vertreten von Rechtsanwalt Dr. Alexander Klauser - fünf Sammelklagen gegen den AWD Österreich. Es soll Schadenersatz für rund 2.500 Geschädigte einer "systematischen Fehlberatung" von Anlegern im Zusammenhang mit der Vermittlung von Aktien der Immofinanz und Immoeast durchgesetzt werden. Der Gesamtstreitwert beträgt rund 40 Millionen Euro.

Nachdem die Gerichte bereits die Einwendungen des AWD gegen die Zulässigkeit von Sammelklagen und gegen prozessuale Fragen abgewiesen haben, hat nunmehr das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) als Berufungsgericht die Klagslegitimation des VKI bestätigt. Die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof (OGH) wurde zugelassen. Es ist zu erwarten, dass der AWD dieses Rechtsmittel ergreifen wird. 

Die erste von fünf Sammelklagen hatte der VKI gegen den AWD am 30. Juni 2009 bei Gericht eingebracht. Seit über drei Jahren beschäftigt der AWD die Gerichte mit formalen Einwendungen gegen die Sammelklagen. 

Zunächst wurde bestritten, dass Sammelklagen in diesem Fall überhaupt zulässig seien. Erfolglos - alle fünf Richter sahen die Sammelklagen als zulässig an. 

Dann wurde argumentiert, dass eine Prozessfinanzierung gegen Erfolgsquote in Österreich nicht zulässig sei und als Konsequenz daher der VKI nicht befugt sei, die abgetretenen Ansprüche einzuklagen. Das wurde - exemplarisch in Sammelklage II - im Dezember 2011 vom Erstgericht verworfen. 

Der AWD hat dagegen berufen und soeben wurde dem VKI die Entscheidung des Berufungsgerichtes (OLG Wien) zugestellt: 
• Das gesetzliche Verbot von Erfolgsquoten bezieht sich nicht auf Prozessfinanzierer. 
• Würde gegen dieses Verbot verstoßen, dann könnten sich nur die Konsumenten darauf berufen - nicht aber ein Dritter (hier der AWD). 
• Mit der Abtretung der Forderungen der Konsumenten an den VKI hat diese Frage überhaupt nichts zu tun. Der VKI ist deshalb sehr wohl befugt, die abgetretenen Forderungen gegen den AWD einzuklagen - die Klagslegitimation des VKI wurde bestätigt. 

Das OLG Wien hat die ordentliche Revision zugelassen. Es ist zu erwarten, dass der AWD auch dieses Rechtsmittel noch ergreifen wird. Eine Entscheidung des OGH wird diese Frage dann aber endgültig und rechtskräftig entscheiden. Mit einer solchen Entscheidung ist bis Frühjahr 2013 zu rechnen. 

"Es ist erfreulich, dass nun auch das Berufungsgericht dieses weitere Verzögerungsargument des AWD verworfen hat. Es ist dennoch festzustellen, dass es dem AWD durchaus gelingt, in den Sammelklagen die Prüfung der Vorwürfe der ,systematischen Fehlberatung’ von tausenden Anlegern nunmehr seit rund drei Jahren zu verzögern", sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI. "Es ist allerdings den Geschädigten kaum zu erklären, weshalb sie zu den Vorwürfen der Fehlberatungen bislang nicht vernommen wurden. Ältere Geschädigte fragen uns zuweilen, ob sie ein Prozessende noch erleben werden." 

Der VKI appelliert daher neuerlich an die Muttergesellschaft des AWD - die schweizerische Lebensversicherung SWISS LIFE mit Sitz in Zürich - sich rasch zu außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen bereit zu erklären. "Die SWISS LIFE hat diese Probleme - durch Kauf des AWD - geerbt, aber nicht verursacht. Das wäre eine gute Position, diese Probleme der Vergangenheit rasch und großzügig zu lösen", resümiert Dr. Peter Kolba. 

OLG Wien 23.8.2012, 3 R 41/12i
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, RA in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht ablehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Urteil zur vorzeitigen Kreditrückzahlung

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums ein Verfahren gegen die Unicredit Bank Austria AG. Es geht in dem Verfahren um die Frage, ob bei vorzeitiger Kreditrückzahlung auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig zurückerstattet werden müssen und ob dies auch für die Rechtslage vor dem 1.1.2021 gilt. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI Recht und bestätigte, dass auch nach der alten Rechtslage bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig von der Bank zurückzuerstatten sind. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

VKI-Erfolg gegen Online-Broker DEGIRO

DEGIRO B.V. ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden, der auf „degiro.at“ eine Online-Trading-Plattform anbietet, über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums DEGIRO wegen diverser Klauseln in den Geschäftsbedingungen geklagt. Nachdem bereits das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien dutzende Klauseln als unzulässig beurteilt haben, liegt nun die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor: Das Höchstgericht erachtet 48 Klauseln als gesetzwidrig.

Zum Seitenanfang