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VKI-Erfolg gegen Online-Broker DEGIRO

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die DEGIRO B.V. wegen diverser Klauseln in ihren Geschäftsbedingungen geklagt. DEGIRO ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden, der auf "degiro.at" eine Online-Trading-Plattform anbietet, über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können. Der VKI hatte über 50 Klauseln aus verschiedenen Geschäftsbedingungen beanstandet. Nachdem bereits in erster Instanz 44 der eingeklagten Klauseln für gesetzwidrig befunden wurden, erklärte nun das Oberlandesgericht (OLG) Wien weitere sechs Klauseln, dh insgesamt 50 Klauseln, für unzulässig. Der Berufung von DEGIRO bezüglich der 44 Klauseln wurde hingegen gar nicht Folge gegeben.

In seinen Geschäftsbedingungen hatte DEGIRO unter anderem festgelegt, dass die Kundenkommunikation grundsätzlich nur in englischer oder niederländischer Sprache erfolgt und dass das Unternehmen keine anderen Sprachen verwenden muss. Das OLG Wien beurteilte diese Klausel als überraschend für den Kunden und somit als unzulässig. Angesichts des gesamten Geschäftsauftritts von DEGIRO in deutscher Sprache unter der Top-Level-Domain ".at", einem Vertragsabschluss auf Deutsch und Kontaktmöglichkeiten über eine österreichische Telefonnummer und E-Mail-Adresse, müssen Kunden nicht damit rechnen, dass sich irgendwo in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel findet, die eine Kommunikation auf Deutsch ausschließt. Zudem sieht das OLG Wien auch eine gröbliche Benachteiligung darin, dass sich DEGIRO der Klausel zufolge weigern kann, Beschwerden ihrer Kunden, die in deutscher Sprache gemacht wurden, überhaupt zu behandeln.

Eine weitere Klausel sieht vor, dass die Kunden nicht auf Grundlage von falschen Informationen auf der Website von DEGIRO agieren, sondern DEGIRO hierzu kontaktieren sollen. Dadurch wird der Eindruck vermittelt, dass die Haftung von DEGIRO für falsche oder unvollständige Informationen ausgeschlossen wird, auch wenn DEGIRO daran Verschulden trifft. Dies wirkt gröblich benachteiligend für die Kunden.

Ebenfalls für unzulässig erklärt wurden Klauseln, nach denen das Risiko von Verlust, Diebstahl oder Missbrauch des Zugangscodes zum Web-Trader (mit dem Transaktionen getätigt werden können) pauschal auf den Verbraucher überwälzt wurde. Solche Klauseln benachteiligen die Kunden, wenn damit der Ausschluss der Haftung wegen technischen Missbrauchs für Fälle vereinbart werden soll, in denen ohne Verschulden des Kunden die Karte kopiert und der Code in irgendeiner Weise ausgespäht wird.

Gesetzwidrig ist auch eine Bestimmung, nach der die Entgelte im Preisverzeichnis "von Zeit zu Zeit" angepasst werden konnten, weil DEGIRO sich dadurch ein einseitiges Preisänderungsrecht vorbehält.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 28.08.2020, 1 R 124/19s
Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, Rechtsanwalt in Wien

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