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VKI: Chancen auf Sammelklage intakt

Warten auf schriftliche Entscheidung des Gerichtes. AWD setzt weiter auf Flucht aus der Verwantwortung.

Das Handelsgericht Wien hat am 22.10.2009 in der Verhandlung noch keine Entscheidung über den Antrag des AWD gefällt, die Sammelklage des Vereines für Konsumenteninformation (VKI) als unzulässig zurückzuweisen. Die Entscheidung wird in den nächsten Wochen schriftlich ergehen. Die Chancen auf Zulassung der Sammelklage sind jedenfalls völlig intakt.

Die Sammelklage ist prozessökonomisch naheliegend. Nur wenn ein Richter die gleichlautenden Beschwerden einer Vielzahl von AWD-Kunden hört, wenn ein Sachverständiger untersucht, ob die Immofinanz-Aktie als "sicher" oder gar "mündelsicher" gelten konnte und wenn ehemalige Ex-AWD-Berater als Zeugen aussagen, kann der Vorwurf der systematischen Fehlberatung geklärt werden. Würde man 2.500 Einzelverfahren führen, dann müssten die Zeugen 2.500 mal aussagen und in 2.500 Fällen Gutachten erstellt werden. Das ist in keiner Weise prozessökonomisch. Dazu kommt, dass Einzelverfahren mindestens fünfmal so teuer wären, als eine Sammelklage. 2.500 Einzelverfahren sind nicht finanzierbar.

Diese Umstände vor Augen liegt auf der Hand, weshalb sich der AWD gegen die Sammelklage als Klagsform massiv zur Wehr setzt. Es geht dem AWD gerade nicht um die Klärung der erhobenen Vorwürfe. Der AWD setzt vielmehr darauf, dass Einzelklagen mangels Finanzierung nicht geführt werden und er sich aus der Verantwortung stehlen kann.

Die vom AWD monierten Klagsänderungen zeigen die Seriosität der Sammelklagen-Aktion des VKI auf. Dort, wo der AWD zu Recht Einwände erhebt und der VKI bislang falsch informiert worden war, wird dies sofort geändert. Die Änderungen haben allerdings nur zwei Prozent der Kläger betroffen und am Klagebegehren kaum etwas geändert. Statt bislang rund zwei Millionen Euro beträgt der Streitwert nunmehr rund 1,9 Millionen Euro. Natürlich hat der VKI auch den gestiegenen Kurs der Immofinanz-Aktien berücksichtigt. Dennoch bleibt es bei allen - nunmehr 117 - vertretenen Ansprüchen dabei, dass neben dem Erwerb des falschen Produktes auch weiterhin ein erheblicher Vermögensschaden vorliegt.

Der AWD hat sich in den Gesprächen mit dem VKI und so auch in der heutigen Verhandlung einer vergleichsweisen Bereinigung verschlossen. Weder wurde - wie bereits im Jahr 2004 - eine Rahmenvereinbarung zum Schadenersatz als Verhandlungsgrundlage akzeptiert, noch ist der AWD bereit, die Vorwürfe musterhaft bei Gericht zu klären und für den Rest der Fälle einen Verjährungsverzicht zu erklären. "Der AWD befindet sich nach wie vor auf der Flucht in die Verjährung", resümiert Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI. "Wir sind nach wie vor zu sofortigen Vergleichsverhandlungen bereit, sind aber nicht bereit, den AWD zum Richter über die eigene systematische Fehlberatung zu machen."

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