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Urteil: Rechtsschutzdeckung bei Klagen gegen irreführende Gewinnzusagen

Rechtsschutzversicherungen müssen bei Klagen auf Auszahlung eines versprochenen Gewinnes nach § 5j KSchG Versicherungsschutz in der Sparte Vertragsrechtsschutz gewähren.

Eine Konsumentin erhielt im Jänner 2001 von der Fa. Schlank & Schick (Deutschland) eine persönlich adressierte Zusendung, wonach sie einen Gewinn in Höhe von € 2.870,58 (ATS 39.500,--) gemacht hätte. Das Gewinnversprechen war unabhängig von einer Warenbestellung. Weiters erhielt die Konsumentin im März 2001 eine persönlich adressierte Zuschrift von der Fa. Janus mit Sitz in Wolfurt (Vorarlberg). Die Konsumentin gab bei beiden Gewinnanforderungen auch eine Warenbestellung auf.

Da eine Gewinnauszahlung nicht erfolgte, verlangte die Konsumentin von ihrer Rechtsschutzversicherung Deckung für eine klagsweise Geltendmachung beider Gewinne. Die Rechtsschutzversicherung lehnte dies jedoch u.a. mit der Begründung ab, dass Ansprüche nach § 5j KSchG in den Versicherungsbedingungen keine Deckung finden würden. In einem Musterverfahren des VKI - im Auftrag des BMSG - wurde eine Deckungsklage gegen die Rechtsschutzversicherung eingebracht.

Das HG Wien verweist in seinem Urteil zunächst auf die Entscheidung des EuGH vom 11.7.2002 (C-96/00 - siehe VR-Info 8/2002), wonach Gewinnzusagen ausländischer Unternehmer vor österreichischen Gerichten eingeklagt werden können, wenn der Verbraucher gleichzeitig Waren bestellt hat. Danach setzt sich das HG Wien mit der Rechtsnatur des Anspruches nach § 5j KSchG auseinander. Das HG Wien weist darauf hin, dass ein Unternehmer grundsätzlich nicht spielen oder belohnen möchte, sondern Waren verkaufen will. § 5j KschG sei daher auf Gewinnzusagen zu reduzieren, bei denen auch der Abschluss eines Vertrages angeboten wird - wie dies für die beiden vorliegenden Fällen zutrifft. Im Vorfeld eines Vertragsabschlusses bestehen Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten. Die Irreführung eines potentiellen Käufers durch eine nicht ernst gemeinte Gewinnzusage ist als Verletzung dieser vorvertraglichen Pflichten anzusehen und macht schadenersatzpflichtig (culpa in contrahendo). § 5j KSchG normiert somit einen pauschalierten und vom tatsächlichen Eintritt eines Schadens unabhängigen Schadenersatzanspruch aus der Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten. Ein derartiger Anspruch ist als vertraglicher Anspruch nach Art. 23 der Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB 1994) einzustufen.

Das HG Wien weist darauf hin, dass der Anspruch nach § 5j KSchG gemäß § 1489 ABGB in drei Jahren verjährt. Die Ansprüche der Konsumentin gegen die beiden Unternehmer sind daher mangels Klagseinbringung verjährt. Das Begehren auf Feststellung, dass die Versicherung für die genannten Schadenfälle Deckung zu gewähren hat, ist daher abzuweisen. Im Zeitpunkt der Schadensmeldung waren die Ansprüche allerdings noch nicht verjährt. Da der Anspruch nach § 5j KSchG unter Art. 23 ARB zu subsumieren ist, hätte die Rechtsschutzversicherung die Deckung nicht ablehnen dürfen. Die Deckungsverweigerung führte dazu, dass der Konsumentin durch die Verjährung ein Schaden in Höhe von € 26.398,41 entstand. Eine Schadensminderungspflicht dahingehend, dass die Konsumentin selbst zur Klagsführung verpflichtet gewesen wäre, kann dem Gesetz nicht entnommen werden und wäre auch unzumutbar.

Die Rechtsschutzversicherung hatte sich in ihrer Deckungsablehnung auch darauf berufen, dass eine Klage keine Aussicht auf Erfolg haben würde. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten muss man sich am Begriff "nicht als offenbar aussichtslos" des § 63 ZPO über die Bewilligung der Verfahrenshilfe orientieren. Klagen aus Gewinnzusagen sind allerdings weder in der Vorfrage der Zuständigkeit noch in der Sache selbst aussichtslos. Dabei ist hinsichtlich der Gestaltung der Gewinnzusage ein objektiver Maßstab anzulegen. Maßfigur ist der verständige Verbraucher. Um den angestrebten Gesetzeszweck des § 5j KSchG zu erreichen, ist es erforderlich, die Rechtsfolgen auch dann eintreten zu lassen, wenn die angesprochenen Verbraucher zwar keinen sicheren Eindruck haben, gewonnen zu haben, dies aber auf Grund der unklaren verwirrenden oder sogar bewusst missverständlichen Gestaltung der Zusendung zumindest ernstlich für möglich halten. Nach diesen Kriterien durften die beiden Zusendungen als Mitteilung eins bereits reservierten Gewinnes und nicht als bloße Ankündigung einer zukünftigen Verlosung verstanden werden.

Die Klagen hätten daher durchaus Aussicht auf Erfolg gehabt, weshalb eine Deckungsverweigerung unzulässig ist. Das HG Wien sprach der Konsumentin daher den Betrag von € 26.398,41 als Schadenersatz zu.

Das Urteil entspricht in der Einschätzung der Rechtsnatur des Anspruches nach § 5j KSchG dem zuvor besprochenen Urteil des EuGH vom gleichen Tag (C-27/02).

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 20.1.2005, 40 CG 75/03k

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Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser

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