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Urteil: Produkthaftung - Kindertauchbrille fehlerhaft

Der Importeur haftet für eine fehlerhafte Kindertauchbrille, wenn das Glas in scharfkantige Splitter zerbricht. Das Herumtoben im Hallenbad ist als normale Nutzung anzusehen.

Im Juli 2002 spielten zwei Geschwister in einem Hallenbad auf einem aufblasbaren Flugzeug. Dabei verlor das 10 jährige Mädchen das Gleichgewicht, kippte ins Wasser und schlug mit der linken Hand auf die Stirn des jüngeren Bruders auf. Dieser trug eine Kindertaucherbrille, welche bei dem Aufprall in scharfe Teile zersplitterte. Das Mädchen verletzte sich dadurch an der linken Hand schwer.
Der VKI klagte - im Auftrag des BMSG - den Schaden beim österreichischen Importeur der Brille ein. Dieser hatte die Brille in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt und in Verkehr gebracht.
Das BG Wels weist in seinem Urteil zunächst darauf hin, dass derartige Brillen nach den Vorgaben der Ö-Norm mit Sicherheitsglas ausgestattet sein müssen. Auf Grund eines Sachverständigengutachtens geht das BG Wels davon aus, dass das Sicherheitsglas der Taucherbrille einen Produktionsfehler aufwies. Offenbar war es bei der Produktion des Sicherheitsglases in der Phase des Abkühlens des Glases (Tempern) zu einem Fehler gekommen. Nach der Ö-Norm darf Sicherheitsglas nur in kleine stumpfe Teile zerbrechen. Im vorliegenden Fall entstanden durch den Produktionsfehler beim Bruch hingegen scharfkantige Splitter, welche zur Verletzung des Mädchens führten.
Rechtlich folgert das BG Wels, dass nach § 5 Produkthaftungsgesetz (PHG) eine berechtigte Sicherheitserwartung besteht, dass Taucherbrillen den Belastungen bei spielerischer Benützung standhalten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Kinder springen und toben. Die Brille ist als fehlerhaft im Sinn des § 5 PHG anzusehen, weil sie bei derartigen zu erwartenden Belastungen nicht in scharfkantige Splitter zerbrechen darf. Ein Mitverschulden des Mädchens sei nicht gegeben. Der Importeur in den Europäischen Wirtschaftsraum haftet daher nach § 1 PHG für die Verletzungen des Mädchens.
Das BG Wels spricht dem Mädchen daher Schmerzengeld in Höhe von € 4.200,-- zu. Der Importeur haftet außerdem auch für zukünftige Folgeschäden wie etwa Schmerzen infolge einer allfälligen Narbenkorrektur.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

BG Wels

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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer und Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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