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Urteil: Klauseln in Anerkennungs- und Ratenzahlungsformular eines Inkassobüros unwirksam - Verbraucherkreditgesetz anwendbar

In einer im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verbandsklage hat nun auch das OLG Wien als Berufungsgericht einige Klauseln im Anerkenntnis- und Ratenzahlungsformular von Inko Inkasso GmbH für unzulässig erklärt. Darüber hinaus kann - wie hier - eine Ratenzahlungsvereinbarung einen entgeltlichen Zahlungsaufschub darstellen, sodass die Schutzbestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes einzuhalten sind.

Folgende Klauseln hatte das OLG Wien als Berufungsgericht zu beurteilen und für unzulässig erklärt:

A.1. "Ich (Wir) anerkenne(n) die Schuld, bestehend aus Kapital samt Zinsen, Nebenkosten und Eintreibungskosten wie oben angeführt."

A.2. "Ich(Wir) anerkenne(n) hiermit ausdrücklich die unten aufgeschlüsselte Forderung zuzüglich der noch auf die Dauer der sich ergebenden Laufzeit zu errechnenden Evidenzkosten und Zinsen."

Das OLG Wien bestätigte die schon vom Erstgericht angenommene Intransparenz der Klauseln gemäß § 6 Abs 3 KSchG, weil sie dem Verbraucher kein klares Bild von der zu übernehmenden Verbindlichkeit vermitteln. In Zusammenschau mit den beiden Kostenaufstellungen im Vertragsformblatt erschließe sich nicht, hinsichtlich welcher Kosten in welcher Höhe sich der Verbraucher verpflichten soll. Irritierens die bereits der Umstand, dass es zwei Anerkennungsklauseln (wohl für dieselbe Forderung) gäbe, die aus unerklärlichen Gründen unterschiedliche Termini aufwiesen.

Außerdem bleibe die (anerkannte) Gesamtbelastung des Verbraucher durch die Ratenzahlungsvereinbarung offen. Es fänden sich im Vertragsformblatt keine Angaben zur Laufzeit der Ratenvereinbarung, mit der allenfalls der gesamte zu zahlende Betrag ausgerechnet werden könne. Mangels Angabe der Laufzeit oder der Gesamtbelastung bleibe aber auch die Gesamthöhe der monatlich anfallenden Evidenzgebühren unklar. Eine eigenständige Berechnung der Laufzeit bzw der Gesamtbelastung anhand der ausgewiesenen Beträge sei einem durchschnittlichen Verbraucher jedenfalls nicht zumutbar. Zudem werde der Verbraucher über die Höhe der (allenfalls) anfallenden Mahnspesen und, wann und wofür Erhebungskosten im Ratenzahlungszeitraum anfallen könnten, im Dunkeln gelassen.

A.3.. "Zur Sicherstellung dieser Forderungen verpfände ich dem von Ihnen vertretenen Gläubiger den pfändbaren Teil meiner mir jetzt und künftig zustehenden Ansprüche gegen meine(n) jeweiligen Arbeitgeber/bezugs-/pensionsauszahlende Stelle. Weiters erstreckt sich dies auch auf allfällige Ansprüche nach dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz."

Das Erstgericht beurteilte die Klausel nicht als intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, weil - wie vom Kläger vorgebracht - aufgrund der unzureichenden Kostenaufstellungen nicht klar sei, hinsichtlich welcher Forderung einer Verpfändung zugestimmt werden solle.  Eine Verpfändung könne grundsätzlich auch für bedingte bzw zukünftige Forderungen erfolgen, wenn diese zur Zeit der Pfandrechtseinräumung ausreichend individualisierbar sei, was hier zuträfe. Die Grundforderung des Gläubigers sei bekannt und die hinzukommenden Kosten des Inkassobüros seien jedenfalls ausreichend eingegrenzt. Die Klausel verstoße auch nicht gegen § 12 KSchG. Wenn der Gläubiger nach den Vertragsbedingungen erst nach der Ermächtigung des Schuldners und nach Fälligkeit des Kredites und Verzug des Schuldners die verpfändete Gehaltsforderung vom Dienstgeber einziehen dürfe, sei eine analoge Anwendung des § 12 KSchG ausgeschlossen (RS0108387). Diese Konstellation liege hier nach dem Vertragsformblatt vor. In diesem Punkt folgte das OLG Wien der Berufung des Klägers und beurteilte die Klausel als unzulässig gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Die Klausel verweise mit dem Wortlaut "Zur Sicherstellung dieser Forderungen verpfände ich dem … " auf die Klauseln A.1. und A.2., die zu Recht für unzulässig erklärt wurden.

Richtigerweise führe aber die Unzulässigkeit einer Bestimmung, auf die verwiesen wird, zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RS0122040; RS0122073).

A.4. "Um bei der Durchsetzung des Pfandrechts unnötige Kosten zu vermeiden, bin ich damit einverstanden, dass Sie mich für den Fall der Nichtberichtigung einer fälligen Forderung auffordern, meine Ermächtigung dazu zu erteilen, dass Sie berechtigt sind, - ohne dass es der Erwerbung eines vollstreckbaren Titels und der gerichtlichen Zwangsversteigerung bedarf - die verpfändete Forderung durch Einziehung bei einem meiner Dienstgeber zu verwerten. Diese Aufforderung ist an die von mir Ihnen zuletzt bekanntgegebene Adresse zu übermitteln und hat eine Rückäußerungsfrist von 14 Tagen und den besonderen Hinweis zu enthalten, dass im Falle meiner Nichtäußerung meine Ermächtigung als erteilt gilt."

Die Klausel erwecke nach dem Erstgericht den Anschein, dass die beklagte Partei jedenfalls bei Zustimmung zu dieser Klausel berechtigt sei, die Forderung beim Dienstgeber des Verbrauchers einzuziehen. Richtig sei allerdings, dass die Beklagte dies nur dürfe, wenn sie dazu vom Pfandrechtsinhaber, also vom Gläubiger des Schuldners und ihrem Auftraggeber ermächtigt worden sei. Diese Information finde sich im Vertragsformblatt nicht. Daher werde die Rechtslage falsch dargestellt, die Klausel ist intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG. Das OLG bestätigte diese Rechtsansicht. Bei kundenfeindlichster Auslegung werden dem Verbraucher der unzutreffende Eindruck vermittelt, er sei rechtlich in der Lage, das beklagte Inkassobüro zur Einziehung der verpfändeten Forderung zu ermächtigen. Dies träfe jedoch - wenn überhaupt - nur auf den Pfandrechtsgläubiger zu.

Folgende Klauseln wurden hingegen als zulässig erkannt:

IV.1. . "Ich ermächtige Sie weiters die bezugsauszahlende Stelle, von einer nach Fälligkeit der Forderung an mich gerichteten Aufforderung zur Erteilung der Zustimmung zur Einziehung der verpfändeten Forderung, in Kenntnis zu setzen."

IV.2. "Sie sind berechtigt, sodann meine(n) Arbeitgeber/bezugs-/pensionsauszahlende Stelle von dieser Verpfändung zu verständigen und diese in meinem Namen zu ermächtigen, Ihnen die Auskünfte über meine Bezüge zu erteilen."

Der VKI brachte vor, dass aus den Klauseln, insbesondere in Zusammenhalt mit Klausel A.4.  nicht klar sei, wer der zur Verwertung berechtigte Pfandrechtsgläubiger sein solle. Die Klausel sei daher intransparent. Dieser Ansicht ist das Gericht nicht gefolgt. Aus dem Wort "weiters" in Klausel IV.1. sei für die Ansicht des Klägers nichts zu gewinnen, weil dieses nur darauf hindeute, dass eine weitere Vereinbarung mit dem Schuldner getroffen werden solle. Der andere Vertragspartner bzw Adressat der Erklärung gehe aber eindeutig aus den zwei verschiedenen gewählten Formulierungen hervor.

("Zur Sicherstellung dieser Forderungen verpfände ich dem von Ihnen vertretenen Gläubiger den ... "; "Ich ermächtige Sie weiters die bezugauszahlende Stelle ...").

Schon rein grammatikalisch könne es sich dabei nicht um denselben Adressaten handeln und gehe aus dem übrigen Vertragsformblatt an mehreren Stellen hervor, dass die beklagte Partei beauftragt worden sei, die Forderung für den Gläubiger einzutreiben. Gleiches gelte auch für Klausel IV.2. Das OLG Wien gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sah die Klausel ebenfalls als zulässig an. Die Klauseln IV.1. und IV.2 seien nicht geeignet, den Verbraucher darüber in die Irre zu führen, wer der zur Verwertung des Pfandrechtes Berechtigte sein solle. Es gehe lediglich darum, die bezugauszahlende Stelle entweder zu informieren (IV.1) oder zu verständigen (IV.2).Inwiefern die beiden Klauseln eine Pflicht des Verbrauchers zur Erteilung der Zustimmung zur Einziehung der verpfändeten Forderungen suggerieren solle, sei nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte hat nach dem OLG Wien weiters folgende Handlungspraktiken zu unterlassen:
B.1) mit Verbrauchern entgeltliche Zahlungsaufschübe abzuschließen ohne vor Vertragsabschluss die in § 6 VKrG genannten Informationen zu erteilen und
B.2) mit Verbrauchern nach Eintritt des Verzugsfalles Vereinbarungen über die Erstattung von Betreibungskosten abzuschließen, ohne diese Kosten konkret gesondert aufzuschlüsseln.

Auch bezüglich des Begehrens nach § 28a KSchG sei die Beklagte passivlegitimiert. Die Beklagte wandte auch im Berufungsverfahren noch ein, nicht die Kreditgeberin zu sein. Nur diese müsse dem Verbraucher nach dem VKrG die geforderten Informationen erteilen. Nach der Rechtsprechung seien auch gewillkürte Vertreter der Vertragspartei, die ein erhebliches Eigeninteresse an der Verwendung von Vertragsformblättern haben, als Verwender iSd § 28 KSchG und daher als Adressaten einer Verbandsklage nach dieser Bestimmung zu sehen. Davon ausgehend sei die Passivlegitimation in Bezug auf Geschäftspraktiken nach § 28a KSchG zu bejahen.

Zu Klausel B.1: Die Beklagte sei Kreditgeber iSd § 2 Abs 1 VKrG, der auch jedweden Unternehmer iSd § 1 Abs 1 Z 1 KSchG umfasse, der Kredit gewähre oder zu gewähren verspräche oder eine solche Kreditierung einräume. Es liege auch eine entgeltliche Ratenvereinbarung  iSd § 2 Abs 3 VKrG vor, weil neben dem geschuldeten Betrag Kapitalzinsen, monatlich anfallende Evidenzgebühren sowie Erhebunsgskosten geschuldet seien. Unentgeltlichkeit wäre nur zu bejahen, wenn die bereits fällige Forderung des Gläubigers schlicht in Teilbeträgen abzuzahlen wäre. Aus der Anwendbarkeit des VKrG und der zu bejahenden Entgeltlichkeit folge, dass die inkriminierte Praktik mangels Erteilung der Informationen gemäß §§ 6, 9 Abs 2, 12 VKrG gesetzwidrig sei.

Zu Klausel B.2: Dem in der Berufung aufrecht erhaltenen Einwand der Beklagten, § 6 Abs 1 Z 15 KSchG könne nicht mit § 28a KSchG geltend gemacht werden entgegnete das Berufungsgericht, dass an die  Auslegung des sachlichen Anwendungsbereiches des § 28a KSchG ein weiter Maßstab anzulegen sei, sodass ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 15 KSchG geltend gemacht werden könne. Nach dem erklärten Zweck und Wortlaut der Unterlassungsklagen-RL seien nicht nur die nach den dort genannten Verbraucherschutzrichtlinien zu gewährenden Mindestschutzmaßnahmen des innerstaatlichen Rechts umfasst, sondern auch alle weitergehenden Anordnungen, die schon de lege lata den Zielen dieser RL dienen oder auch nur de lege ferenda dienen werden. Es kämen daher neben den in Österreich ergangenen legislativen Umsetzungsmaßnahmen nach dem EU-Beitritt auch alle darüber hinaus vorgesehenen Schutzmaßnahmen (wie etwa die meisten Regelungen der Konsumentenschutzgesetz-Novelle 1997 BGBl. I 6/1997) sowie zahlreiche Rechtsvorschriften des KSchG und des ABGB, die schon zuvor Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung waren und dem Schutz des Verbrauchers dienen.

Entgegen der von der Beklagten geteilten Lehrmeinung Grafs, wonach durch die Neuregelung des § 1333 ABGB der § 6 Abs 1 Z 15 KSchG "teilweise überflüssig" geworden sei (Graf, Die Neuregelung der Rechtsfolgen des Zahlungsverzuges, wbl 2002, 437) und eine gesonderte Aufschlüsselung der Inkassokosten im Vertrag grundsätzlich nicht mehr erforderlich sei, weil der Anspruch auf Kostenersatz ja bereits ex lege bestehe, teilte das Berufungsgericht wie auch die ersichtliche dazu ergangene Rechtsprechung nicht. Es sei nicht ersichtlich, warum der Umstand, wonach materiell Inkassokosten nach § 1333 Abs 2 ABGB unter der Bedingung gebühren, dass sie zweckentsprechend, notwendig und angemessen sind, Einfluss darauf haben sollte, wie diese in dem von § 6 Abs 1 Z 15 KSchG geregelten Fall aufzuschlüsseln seien. Die Aufschlüsselung nach § 6 Abs 1 Z 15 KSchG habe gerade aus dem Grund zu erfolgen, um die Übereinstimmung des zu Vereinbarenden mit § 1333 Abs 2 ABGB darzulegen und überprüfen zu können. Insofern ergänze § 6 Abs 1 Z 15 KSchG den § 1333 Abs 2 ABGB, ein Spannungsverhältnis sei nicht erkennbar. 

Der Beklagten wurde eine Leistungsfrist von drei Monaten für die Verwendung der Klauseln eingeräumt.

Die ordentliche Revision wurde zugelassen.

 Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand: 02.09.2014).

OLG Wien 30.07.2014, 2 R 18/14b
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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