Zum Inhalt

Urteil: Gewährleistung bei Outdoor-Handy

Der VKI führte im Auftrag des Sozialministeriums einen gewährleistungsrechtlichen Prozess für eine Verbraucherin, die ein "Outdoor-Handy" bei der Saturn Klagenfurt Electro Handelsgesellschaft erwarb, welches bei einem Sturz aus weniger als 1,2 Metern Höhe kaputt wurde. Das Gericht gab dem VKI Recht; die Konsumentin bekam ihren Kaufpreis zurück.

Die Konsumentin war auf der Suche nach einem widerstandsfähigen Outdoor-Smartphone. Persönlich wichtig war ihr, dass dieses "auch Stürze aushält", da ihr schon mehrfach Mobiltelefone zu Boden gefallen sind. Sie suchte selbst im Internet und stieß auf ein bestimmtes S*-Handy. Das Handy wurde vom Hersteller ua mit dem Hinweis "Erweist sich als zuverlässiger Begleiter für moderne Abenteurer, die nicht auf die Qualitäten eines leistungsfähigen Mobilgerätes verzichten möchten" öffentlich beworben. Weiters wurde dabei (ua) schriftlich betont: "Harte Schale schützt starken Kern. Kleine Stürze, Schmutz oder Wasser können diesem Smartphone gar nichts anhaben". Hinsichtlich der gegebenen Zertifizierung wurde zB Nachstehendes betont: Insbesondere die Zertifikate IP67 und MIL-SDD 810G, mit denen das robuste Outdoor-Smartphone S* ausgezeichnet wurde, zeugen davon, dass es "staubdicht ist und selbst kurzweilige Tauchgänge unbeschadet übersteht ("Zertifikat IP67") sowie extreme Temperaturen, hohen Luftdruck, intensive Sonneneinstrahlung, Feuchtigkeit, Schmutz und sogar einen Sturz aus 1,2 Metern Höhe mühelos standhält ("Zertifikat MIL-SDD 810G").

Vor endgültigem Erwerb fragte die Verbraucherin einen anwesenden Verkäufer nochmals ausdrücklich, ob es sich bei dem - ihm dabei von ihr gezeigten - S*-Mobiltelefon um jenes ***-Handy handelt, das "auch bei diversen Stürzen nicht so leicht zu Bruch geht". Daraufhin wurde ihr mit dem Hinweis: "Ja, das ist ein Outdoor-Handy, das ist das ***" geantwortet. Ein detaillierteres Gespräch über die konkrete Sturzresistenz dieses Mobiltelefones hat nicht stattgefunden. Die Konsumentin kaufte das Handy am 1.12.2015.

Anfang April 2016 kam es dann allerdings trotzdem zur klagsgegenständlichen Beschädigung. Die Konsumentin hatte das Mobiltelefon in der linken - schräg geschnittenen - Tasche ihrer Hose eingesteckt gehabt und war gerade dabei, aus ihrem Wagen auszusteigen, als ihr das Mobiltelefon - bevor sie noch zur Gänze aufrecht gestanden ist! - aus dem Hosensack gefallen (aus weniger als 1,2 Meter) und am Asphaltbelag der Straße aufgeprallt ist. Beim Aufheben des Mobiltelefons musste sie sofort feststelle, dass die Bildschirmverglasung zerbrochen war.

Die beklagte Partei teilte der Konsumentin mit, dass kein Garantieanspruch bestünde und ihr wurde mittels "unverbindlichem Kostenvoranschlag" Reparaturkosten iHv EUR 135,00 in Aussicht gestellt. Die beklagte Verkäuferin erklärte vorprozessual, dass sie "keine Garantieverpflichtung" träfe - eine explizite Ablehnung einer "gesetzlichen Gewährleistungsverpflichtung" ist hingegen interessanterweise nie erfolgt(!).

Das Zerbrechen des Bildschirmes eines käuflich erworbenen Mobiltelefons ist erwiesenermaßen innerhalb von sechs Monaten nach erfolgter Produktübergabe eingetreten ist. Es greift daher die gesetzliche Vermutung des § 924 2. Satz ABGB, derzufolge a priori anzunehmen ist, dass der in concreto aufgetretene Mangel bzw. der dafür ursächliche Grundzustand des Produktes bereits im Übergabezeitpunkt vorhanden waren.

Die beklagte Verkäuferin trifft daher die Beweislast, dass das gegenständliche Mobiltelefon im Übergabezeitpunkt dennoch völlig fehler- und mangelfrei war. Gerade dieser Beweis kann auf Basis der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens - insbesondere der von der Klägerin bewiesenen schriftlichen Zusicherung der mit der Zertifizierung MIL-SDD 810G ausdrücklich verbundenen Fähigkeit, auch "Stürzen aus einer Höhe von 1,2 Metern mühelos standzuhalten" - aber keinesfalls als erbracht angesehen werden.
Im Gegenteil: Diese Sturzresistenz konnte im Lichte der Zertifizierung von einem verständigen Konsumenten jedenfalls erwartet und im Sinne der expliziten "Outdoorqualifizierung" zumindest als konkludent vereinbart angesehen werden.

Es ist - obwohl gewährleistungsrechtlich gar nicht verlangt! - sogar als von der klagenden Partei bewiesen anzusehen, dass eben genau diese ausdrücklich beworbene und zugesicherte bzw (zumindest) als konkludent vereinbart anzusehende Eigenschaft offensichtlich nicht gegeben war bzw ist, wobei dies im Sinne der gesetzgeberischen Fiktion schon für den Erwerbszeitpunkt als gegeben anzunehmen ist.

Die Klägerin erhielt daher den Neupreis (EUR 199,--) abzüglich von EUR 29,-- für die Nutzung zurück.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Klagsvertreter: Dr. Alexander Klauser, Kanzlei Brauneis Klauser Prändl, Rechtsanwälte GmbH in Wien

BG Klagenfurt 31.10.2017, 23 C 37/17g

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OGH zur Verjährungsfrist bei Viehmängel

Das Gesetz sieht bei Viehmängel – abweichend von der allgemeinen Verjährungsfrist – eine kurze Frist von sechs Wochen vor. Diese kurze Frist betrifft aber nicht alle Mängel, die hier auftreten, sondern nur Krankheiten. Ihre Anwendung auf andere Mängel ist nicht gerechtfertigt.
Im konkreten Fall wurden die Tiere zwischen Kauf und Lieferung nur noch mangelhaft gefüttert, wodurch ihr Ernährungszustand am Tag der Lieferung schlecht war. Hier kommt die normale Gewährleistungsfrist zur Anwendung.

Rückerstattungsanspruch für coronabedingt vorzeitig abgebrochene Skisaison

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums erfolgreich für Konsumenten die aliquote Rückerstattung für die coronabedingt vorzeitig abgebrochene Skisaison 2019/20 ein. Dadurch wurde die vereinbarte Gültigkeit von 205 Tagen um 49 Tage bzw 24 % verkürzt. Diese 24 % vom gezahlten Preis muss die Ski amadé GmbH den Konsumenten zurückerstatten. Haben die Konsumenten in der folgenden Saison 2020/21 einen Bonus für die verkürzte Saison 2019/20 erhalten, ist dieser Betrag vom rückzuerstattenden Betrag abzuziehen.

Skigebiete im Corona-Lockdown: Anspruch auf anteilige Rückerstattung des Kartenpreises

Nachdem alle Skigebiet im Frühjahr 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie schließen mussten, verkürzte sich die Wintersaison für viele Wintersportlerinnen und Wintersportler erheblich. Viele Skigebiete weigerten sich dennoch, Besitzerinnen und Besitzern von Jahreskarten den anteiligen Preis für das vorzeitige Saisonende zurückzuzahlen. Das Landesgericht Salzburg hat jetzt einen Rückzahlungsanspruch von zwei Konsumenten bestätigt. Die Konsumenten erhalten den anteiligen Kartenpreis zurück.

Unzulässige Klauseln von Gutschein-Vermittlungsplattform

Im Verfahren der Bundesarbeiterkammer gegen die Online-Handelsplattform Jochen Schweizer GmbH wurden 19 Klauseln für unwirksam erklärt. Die Klauseln betreffen zB eine zu kurze, weil dreijährige Verfallsfrist bei Gutscheinen, umfassende Leistungsänderungsvorbehalte des Unternehmers oder und zu weite AGB-Änderungsmöglichkeiten des Unternehmers.

Unzulässige Klauseln von Ö-Ticket bei Ed-Sheeran Konzert

Der VKI hatte im Juni 2019 im Auftrag des Sozialministeriums die CTS Eventim Austria GmbH geklagt, die das Ticketservice "Ö-Ticket" betreibt. Gegenstand des Verfahrens sind Klauseln zur Personalisierung von Konzertkarten. Für bestimmte Konzerte werden die Eintrittskarten von Ö-Ticket mit dem Namen des Käufers personalisiert, auch wenn dieser mehrere Karten auf einmal erwirbt. Bei solchen Veranstaltungen wird Besuchern nur gemeinsam mit dem auf dem Ticket aufgedruckten Käufer Einlass gewährt. Eine Änderung der Personalisierung ist auch beim Kauf mehrerer Karten nur für den gesamten Auftrag möglich und Ö-Ticket verlangt dafür eine Gebühr in Höhe von 10 Euro pro Karte. Nach dem HG Wien erklärte nun auch das OLG Wien sämtliche vom VKI beanstandeten Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

Zum Seitenanfang