Zum Inhalt

Urteil: Gesetzwidrige Fiat-Werbung

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums sowohl die FCA Austria GmbH als auch die FCA Leasing GmbH wegen einer TV-Werbung als auch wegen der Gestaltung der Homepage.

Das HG Wien gab in erster Instanz der Klage voll statt.

Die erstbeklagte FCA Austria GmbH betreibt den Generalimport und Großhandel mit Kraftfahrzeugen, ua der Marke "Fiat". Die zweitbeklagte FCA Leasing GmbH fungiert beim Ankauf von Kraftfahrzeugen ua der Marke "Fiat" als Leasinggeberin. Die beiden Beklagten sind konzernverbundene
Unternehmen.

Die Erstbeklagte bewarb im Internet auf ihrer Website www.fiat.at und mittels Fernsehspots das Modell Fiat 500 Anniversario samt Leasingangebot der Zweitbeklagten, und zwar im Wesentlichen wie folgt:
Die von der erstbeklagten Partei beauftragte Fernsehwerbung (mit dem Schauspieler Adrien Brody) dauert 30 Sekunden. In der Werbung kündigt eine Stimme an "Der neue Fiat Cinquecento Anniversario - schon ab EUR 65,00 im Monat!" Für rund 4 Sekunden wird folgendes eingeblendet: "AB EUR 65,-/MONAT* INKL. 4 JAHREN GARANTIE**." Für lediglich maximal 2 Sekunden erscheint der Hinweis mit den von § 5 VKrG geforderten Informationen. Die Schrift ist weniger als halb so groß wie die der Einblendung "AB EUR 65,-/MONAT* INKL. 4 JAHREN GARANTIE**."

Auf der Startseite von www.fiat.at war ebenfalls dieser Werbespot abzurufen. Unmittelbar darunter befinden sich Fotos vom "Fiat 500 Anniversario" mit der Beschreibung "DIE GEBURTSTAGSEDITION DES FIAT 500". Der "Fiat 500 Anniversario 1.2 69 jetzt im Leasing ab EUR 65,-mtl. inklusive 4 Jahren Garantie*". Über einen darunter angebrachten Link "zum Angebot" gelangt man auf eine Beschreibung des Fiat 500 Anniversario. Sie endet mit dem fettgedruckten Hinweis "Jetzt im Leasing ab EUR 65,-mtl." Auf dieser Unterseite ist das Sternchen von der Startseite aufgelöst, und es finden sich in kleinerem und dünnerem Druck als die Beschreibung des Wagens die Informationen nach § 5 VKrG.

Gemäß 5 VKrG hat eine Werbung für Kreditverträge, die Zinssätze oder sonstige, auf die Kosten eines Kredits für den Verbraucher bezogene Zahlen nennt, klar, prägnant und auffallend anhand eines repräsentativen Beispiels gewisse Standardinformationen, wie zB den Sollzinssatz und den effektiven Jahreszinssatz zu enthalten.

Schon aus dem Gesetzestext ergibt sich, dass das so dargestellte Beispiel repräsentativ und auffallend dargeboten sein muss. Informationen und eine Beispielsrechnung im Kleindruck erfüllen dieses Auffälligkeitsgebot nicht.

Im vorliegenden Fall hat die Erstbeklagte eine Fernsehwerbung in Auftrag gegeben, in der eine Leasingfinanzierung eines PKW-Kaufs beworben wird, wobei Leasinggeber die Zweitbeklagte ist. Die Erstbeklagte haftet daher als Auftraggeber. Die Zweitbeklagte ist der Nutznießer der Werbung und hat trotz Einflussmöglichkeit als konzernverbundenes Unternehmen die Werbung nicht verhindert. Beide Beklagte sind daher passiv legitimiert.

Dass die Werbung nach der obigen Darstellung (zumindest auch) eine Werbung für eine Leasingfinanzierung ist, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Im Fernsehspot wird die Leasingfinanzierung blickfangartig mit "Der neue Fiat Cinquecento Anniversario - schon ab EUR 65,00 im Monat!" hervorgehoben; die Zusatzinformationen erfolgen nur für ca 2 Sekunden und somit in einer Zeit, in der sie keinesfalls zur Gänze gelesen werden können.

Die Internetwerbung wirbt ebenfalls blickfangartig mit "Der neue Fiat Cinquecento Anniversario - schon ab EUR 65,00 im Monat!". Nähere Informationen bekommt man erst bei Anklicken einer Unterseite in deutlich kleinerem Druck. Auch hier ist keine ausreichende Auffälligkeit im Sinne des § 5 VKrG gegeben.

Das Urteil ist rechtskräftig.

HG Wien, 6.2.2018, 11 Cg 62/17f
Volltextservice
Klagevertreterin: Dr. Annemarie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Irreführende Werbung von T-Mobile mit „Gratis“-Handy

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Telekommunikationsanbieter T-Mobile wegen irreführender Bewerbung der „5G-Ready“-Tarife geklagt. Der VKI beanstandete unter anderem, dass die „5G-Ready“-Tarife als Kombinationsangebot „Tarif plus Gratis-Handy“ angeboten wurden, obwohl die Grundgebühr höher war als beim Vergleichstarif ohne Handy. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI nun in zweiter Instanz Recht und sah in der Bewerbung des Handys als „gratis“ einen Wettbewerbsverstoß.

Deliktsgerichtsstand: Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung

Art 7 Nr 2 EuGVVO gilt für eine Klage, die auf die Unterlassung bestimmter Verhaltensweisen im Rahmen einer Vertragsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten gerichtet ist und die darauf gestützt wird, dass der Beklagte unter Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutze.

Weiterer Erfolg bei „Garantieklauseln“ in fondsgebundenen Lebensversicherungen

Bereits Ende 2018 hatte das Handelsgericht (HG) Wien infolge eines vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) erfolgreich geführten Verbandsverfahrens eine sogenannte „Garantieklausel“, die sich in vielen fondsgebundenen Lebensversicherungen befindet, rechtskräftig für unwirksam erklärt. In einem anschließenden Musterprozess, der im Auftrag des Sozialministeriums geführt wurde, ging es um die daraus resultierenden Rechtsfolgen. Das Handelsgericht (HG) Wien gab dem VKI erneut Recht und urteilte, dass die Garantiezusage nicht durch Kostenabzüge wie Abschlusskosten oder Verwaltungskosten geschmälert werden darf.

Urteil: Schutzmaskenhersteller Silvercare wegen irreführender Werbung verurteilt

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums Klage wegen irreführender Geschäftspraktiken gegen die Silvercare GmbH, einen Schutzmaskenhersteller, eingebracht und vor dem Landesgericht (LG) Linz Recht bekommen: Die Silvercare GmbH darf die von ihr vertriebenen MNS-Masken nicht so bewerben, dass der Eindruck entsteht, sie würden den Träger gegen eine Infektion mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) schützen, obwohl die wissenschaftlichen Belege für den Schutz des Trägers nicht als gefestigt anzusehen sind. Das Urteil ist rechtskräftig.

Zum Seitenanfang