Zum Inhalt

Urteil: Folgen einer missbräuchlichen Klausel

Das LG Eisenstadt bestätigt als zweitinstanzliches Gericht die Ansicht des VKI, dass bei Wegfall einer missbräuchlichen Klausel, der Unternehmer nicht den Anspruch auf eine andere Rechtsgrundlage stützen kann. Vielmehr soll nach der Rechtsprechung des EuGH die Klausel schlicht unangewendet bleiben. Diese Konsequenz soll eine Abschreckungswirkung haben, dass Unternehmer nicht missbräuchliche Klauseln verwenden.

Konsumenten schlossen bei einer Messe einen Kaufvertrag über eine Küche ab. In der folgenden Woche traten sie vom Kaufvertrag zurück. Der Verkäufer verlangte 20% vom Kaufpreis als Stornogebühr (dh konkret: EUR 2.100,60). Die zugrundeliegende Klausel war aber für die Käufer gröblich benachteiligend und daher unzulässig. Dies stellte der OGH in einem vom VKI - im Auftrag des Sozialministeriums - geführten Verfahren fest (3 Ob 237/16y).

Einige Monate nach dem OGH-Urteil verlangte der Verkäufer über seinen Anwalt wiederum Geld von den Konsumenten und zwar diesmal EUR 3.374,40, diesmal aber mit einer anderen Rechtsgrundlage, nämlich § 1168 Abs 1 ABGB. Es kam erneut zum Prozess.

Nun liegt hierzu das zweitinstanzliche Urteil vor. Dieses gibt dem VKI wiederum Recht. Auch dieses Verfahren wird im Auftrag des Sozialministeriums geführt.

Res iudicata
Gegenstand des Vorverfahrens war, ob dem Unternehmer nach dem Vertragsrücktritt der Konsumenten Ansprüche auf Zahlung aus dem Kaufvertrag zustehen.

Aufgrund der prozessualen Diligenzpflicht, also der den Parteien auferlegten Behauptungs- und Beweispflicht, wäre es am Unternehmer gelegen, sämtliche anspruchsvernichtenden Tatsachen bereits in diesem Verfahren vorzubringen, um in einem zweiten Verfahren zum selben Begehren von einem solchen anspruchsvernichtenden Vorbringen nicht präkludiert zu sein. Es wäre daher Aufgabe und Pflicht des Unternehmers gewesen, sämtliches ihr im Vorverfahren bereits mögliches Vorbringen zu erstatten, das den Anspruch auf Rückzahlung des an sie nach dem unberechtigten Vertragsrücktritt bereits bezahlten Betrages vernichtet. Der Unternehmer hatte aber einen Zahlungsanspruch aufgrund von § 1168 Abs 1 ABGB nicht vorgebracht, obwohl es ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass damit abschließend darüber abgesprochen wurde, dass dem Unternehmer nach dem (unberechtigten) Vertragsrücktritt Zahlungsansprüche gegen ihren Vertragspartner aufgrund des Kaufvertrages betreffend der Einbauküche nicht zustehen, und zwar weder aufgrund der vereinbarten und vom OGH als nichtig beurteilten Stornogebühr noch aufgrund des § 1168 Abs 1 ABGB, sodass die neuerliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Kaufvertrag durch den Unternehmer aufgrund des unberechtigten Vertragsrücktrittes ihres Vertragspartners aufgrund des Vorliegens der res iudicata nicht möglich ist.

Bei missbräuchlicher Klausel kein Rückgriff auf das dispositive Recht
Die in den AGB festgelegte Stornogebühr  ist - für den Fall der Annahme des Vertragsrücktrittes durch die beklagte Partei - ungeachtet ihrer Bezeichnung als Pauschalierung des (eingeschränkten) Entgeltanspruches gemäß § 1168 Abs 1 erster Satz zu sehen. Für den Fall des unbegründeten Vertragsrücktrittes im vorliegenden Fall war in den AGB des Unternehmers daher eine Regelung dahin enthalten, dass der Unternehmer nach seiner Wahl entweder auf der Erfüllung bestehen oder den Vertragsrücktritt annehmen kann, wobei ihm im letzteren Fall nach ihrer Wahl entweder ein pauschalierter Schadenersatz iHv 20 % des Bruttorechnungsbetrages (Stornogebühr) oder der tatsächliche Schaden zusteht.

Der Unternehmer hat sich hier für die 20 %-ige Stornogebühr entschieden, die allerdings bereits im Vorverfahren vom OGH als nichtig beurteilt wurde.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist im Fall der Missbräuchlichkeit einer Klausel ein Rückgriff auf dispositives Recht nur ausnahmsweise erlaubt, nämlich auf jene Fälle, in denen die Ungültigerklärung der missbräuchlichen Klausel das Gericht verpflichten würde, den gesamten Vertrag als nichtig zu erklären, was dazu führen würde, dass der Verbraucher Konsequenzen ausgesetzt werden würde, die derart seien, dass er dadurch bestraft würde.

Auch der OGH führte ein einer Entscheidung aus, dass sich grundsätzlich ein Lückenschluss durch Anwendung dispositiven Rechts (§ 1152 ABGB) oder ergänzender Vertragsauslegung zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für das gegenständliche  Entgeltbegehren der Klägerin verbietet, um dem mit von der Klausel-RL verfolgten Ziel, das Unternehmen in Hinkunft vor der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in ihren Partnervermittlungsverträgen abzuschrecken, Rechnung zu tragen.

Umgelegt auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt bedeutet dies, dass nicht nur die bereits im Vorverfahren als nichtig beurteilte Klausel zur Gänze entfällt, sondern dem Unternehmer zur Stützung seines Anspruches auf Entgeltzahlung auch die Inanspruchnahme der dispositiven Bestimmung des § 1168 ABGB verwehrt bleibt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 29.4.2019).

LG Eisenstadt 11.4.2019, 13 R 147/18t
Volltextservice
Klagsvertreterin: Dr. Annemarie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien

Up date: Die Entscheidung ist rechtskräftig: s OGH 29.8.2019, 1 Ob 122/19w.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OGH zur Verjährungsfrist bei Viehmängel

Das Gesetz sieht bei Viehmängel – abweichend von der allgemeinen Verjährungsfrist – eine kurze Frist von sechs Wochen vor. Diese kurze Frist betrifft aber nicht alle Mängel, die hier auftreten, sondern nur Krankheiten. Ihre Anwendung auf andere Mängel ist nicht gerechtfertigt.
Im konkreten Fall wurden die Tiere zwischen Kauf und Lieferung nur noch mangelhaft gefüttert, wodurch ihr Ernährungszustand am Tag der Lieferung schlecht war. Hier kommt die normale Gewährleistungsfrist zur Anwendung.

Rückerstattungsanspruch für coronabedingt vorzeitig abgebrochene Skisaison

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums erfolgreich für Konsumenten die aliquote Rückerstattung für die coronabedingt vorzeitig abgebrochene Skisaison 2019/20 ein. Dadurch wurde die vereinbarte Gültigkeit von 205 Tagen um 49 Tage bzw 24 % verkürzt. Diese 24 % vom gezahlten Preis muss die Ski amadé GmbH den Konsumenten zurückerstatten. Haben die Konsumenten in der folgenden Saison 2020/21 einen Bonus für die verkürzte Saison 2019/20 erhalten, ist dieser Betrag vom rückzuerstattenden Betrag abzuziehen.

Skigebiete im Corona-Lockdown: Anspruch auf anteilige Rückerstattung des Kartenpreises

Nachdem alle Skigebiet im Frühjahr 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie schließen mussten, verkürzte sich die Wintersaison für viele Wintersportlerinnen und Wintersportler erheblich. Viele Skigebiete weigerten sich dennoch, Besitzerinnen und Besitzern von Jahreskarten den anteiligen Preis für das vorzeitige Saisonende zurückzuzahlen. Das Landesgericht Salzburg hat jetzt einen Rückzahlungsanspruch von zwei Konsumenten bestätigt. Die Konsumenten erhalten den anteiligen Kartenpreis zurück.

Unzulässige Klauseln von Gutschein-Vermittlungsplattform

Im Verfahren der Bundesarbeiterkammer gegen die Online-Handelsplattform Jochen Schweizer GmbH wurden 19 Klauseln für unwirksam erklärt. Die Klauseln betreffen zB eine zu kurze, weil dreijährige Verfallsfrist bei Gutscheinen, umfassende Leistungsänderungsvorbehalte des Unternehmers oder und zu weite AGB-Änderungsmöglichkeiten des Unternehmers.

Unzulässige Klauseln von Ö-Ticket bei Ed-Sheeran Konzert

Der VKI hatte im Juni 2019 im Auftrag des Sozialministeriums die CTS Eventim Austria GmbH geklagt, die das Ticketservice "Ö-Ticket" betreibt. Gegenstand des Verfahrens sind Klauseln zur Personalisierung von Konzertkarten. Für bestimmte Konzerte werden die Eintrittskarten von Ö-Ticket mit dem Namen des Käufers personalisiert, auch wenn dieser mehrere Karten auf einmal erwirbt. Bei solchen Veranstaltungen wird Besuchern nur gemeinsam mit dem auf dem Ticket aufgedruckten Käufer Einlass gewährt. Eine Änderung der Personalisierung ist auch beim Kauf mehrerer Karten nur für den gesamten Auftrag möglich und Ö-Ticket verlangt dafür eine Gebühr in Höhe von 10 Euro pro Karte. Nach dem HG Wien erklärte nun auch das OLG Wien sämtliche vom VKI beanstandeten Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

Zum Seitenanfang