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Urteil: Bindungsdauer im Fitnesscenter

Bei § 6 Abs 1 Z 1 Var 2 KSchG sind die Interessen des Unternehmers auf Durchführung des Vertrags gegen die Interessen des Verbrauchers auf angemessene und feststellbare Erfüllungszeit abzuwägen, ohne dass auf Wertungen des § 15 KSchG zurückzugreifen wäre.

In diesem Verbandsverfahren der Bundesarbeiterkammer gegen ein Fitnesscenter hatte der OGH folgende drei Klauseln eines unbefristeten Vertrages zu beurteilen:

"Eine Kündigung ist erstmals zum Ablauf eines Jahres, danach jeweils zum Ablauf eines halben Jahres möglich. Die Kündigung hat schriftlich (Kündigung per Fax oder E-Mail ist nicht möglich!) unter Einhaltung einer zweimonatigen Kündigungsfrist zu erfolgen."

Der wesentliche Inhalt des Vertrags ist auf die Zurverfügungstellung von Power-Plate-Geräten gerichtet, die nur unter Anleitung von Trainern benützt werden dürfen. Der Vertrag enthält daher mietrechtliche Merkmale, zu denen durch die Inanspruchnahme von begleiteten Trainingseinheiten dienstvertragliche Elemente hinzutreten. Die Beklagte schuldet aber keinen bestimmten Erfolg, weswegen (allfällige) werkvertragliche Elemente jedenfalls nur eine untergeordnete Rolle spielen. § 15 KSchG gelangt daher nicht zur Anwendung.

Der Anwendungsbereich des § 15 KSchG ist auf die im Gesetz angeführten Dauerschuldverhältnisse beschränkt. Der Gesetzgeber stellt mit § 6 Abs 1 Z 1 KSchG ohnehin für solche Verträge, die nicht ausdrücklich von § 15 KSchG erfasst sind, eine Schutzbestimmung gegen unangemessen lange vertragliche Bindungsfristen zur Verfügung.

Der OGH lehnt es ausdrücklich ab, die Wertung des § 15 KSchG in die Beurteilung von Dauerschuldverhältnissen nach § 6 Abs 1 Z 1 KSchG einfließen zu lassen, da dies einer Analogie nahe käme. Bereits die besondere Ausprägung der Dienstleistungskomponente in den hier zu beurteilenden Dauerschuldverhältnissen entzieht der Argumentation der Klägerin, die Fristen des § 560 ZPO hier - analog - anzuwenden, die Grundlage.

Die Vertragsbindung für die Dauer von einem Jahr ist in Anbetracht des mit der Finanzierung der vertraglich geschuldeten Leistungen, insbesondere der mit der notwendigen Personalvorsorge verbundenen Kosten, einhergehenden wirtschaftlichen Risikos sachlich gerechtfertigt. Die konkrete Vereinbarung über die Kündigungstermine und -fristen ist in Anbetracht der Besonderheiten des hier zu beurteilenden Fitnessstudiovertrags ebenfalls nicht unangemessen.

Die Klausel stellt damit keine unangemessen lange Vertragsbindung dar und hält einer Inhaltskontrolle nach § 6 Abs 1 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB stand.

"Der Monatsbeitrag ist auch dann bis zum Ablauf des Vertrages zahlbar, wenn die Leistungen des Studios nicht in Anspruch genommen werden."

Nach der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ist der Monatsbeitrag auch dann zu zahlen, wenn die Fitnessstudioinhaberin einen Tatbestand setzt, der die Inanspruchnahme von Leistungen durch ihre Kundinnen hindert. Damit erfasst die Klausel auch Fälle, die die Kundinnen der Beklagten zu einer außerordentlichen Kündigung, die jedem Dauerschuldverhältnis immanent ist, berechtigen würden und suggeriert damit, eine Auflösung des Vertrags aus wichtigem Grund sei ausgeschlossen. Dies begründet einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG.

 "Die Benutzer können für die 4 Wochen übersteigende Dauer einer krankheitsbedingten Verhinderung, gegen Vorlage eines ärztlichen Attests ihre Mitgliedschaft beitragsfrei ruhend stellen."

Für den OGH ist die Klausel gesetzeskonform; die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die Klausel den Eindruck erwecke, den Kundinnen stehe sonst keine Möglichkeit vorzeitiger einseitiger Vertragsauflösung zu, teilte er nicht.

OGH 13.3.2014, 5 Ob 205/13b
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Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien

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