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Risikoausschlüsse in Versicherungsbedingungen müssen klar erkennbar sein

In einem Musterprozess des VKI im Auftrag des BMSK wurde erkannt: Versicherungsbedingungen können Risikoausschlüsse vorsehen. Diese müssen jedoch für einen Versicherungsnehmer klar erkennbar sein. Widersprechende Aussagen in einem umfangreichen Versicherungsregelwerk über eine zeitliche Beschränkung des Verscherungsschutzes, die nur für einen Juristen auflösbar sind, werden gegenüber einem juristischen Laien nicht wirksam.

Die Verbraucherin schloss im Jahr 2003 eine Krankenversicherung nach Unfällen ab. Wenige Monate später erlitt sie einen Unfall, der einen Krankenhausaufenthalt erforderte. Im Jahr 2006 musste sie sich einer Nachbehandlung unterziehen und absolvierte in weiterer Folge auch einen Rehabilitationsaufenthalt. Die Versicherung verweigerte die Übernahme der Kosten beider Behandlungen mit der Begründung, dass nach den Versicherungsbedingungen der Versicherungsschutz zeitlich mit Behandlungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Unfalltag begrenzt sei.

Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen sowie die Ergänzenden Versicherungsbedingungen der Versicherungsanstalt zugrunde. Während die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zeitlich unbegrenzten Versicherungsschutz versprechen, wird in den Ergänzenden Versicherungsbedingungen an einer Stelle der Versicherungsschutz mit einer Zwei-Jahres-Frist begrenzt. An anderer Stelle dieser Ergänzenden Versicherungsbedingungen wird - hervorgehoben im Fettdruck -zugesichert, die Versicherungsleistungen würden ohne zeitliche Begrenzung gewährt.

Aus der Urteilbegründung geht hervor, dass auch ein unerfahrener Vertragspartner beim Abschluss von Versicherungsverträgen grundsätzlich mit Risikoausschlüssen und -einschränkungen rechnen muss. Allerdings entspricht es der Wertung des Gesetzgebers, Kunden davor zu schützen, dass umfangreiche AGB´s unübersichtlich oder gar irreführend gestaltet werden.

Zwar geht das Gericht davon aus, dass diese widersprüchlichen Bestimmungen einer juristischen Auslegung zugänglich sind und daher auch nebeneinander bestehen können. Es gelangt jedoch zu der Ansicht, dass das angewendete Regelwerk für die Verbraucherin undurchschaubar und unverständlich war, da von dieser eine Kenntnis juristischer Auslegungsregeln nicht erwartet werden kann. Insbesondere wurde die Irreführung der Versicherungsnehmerin durch die Hervorhebung im Fettdruck noch gefördert.

Die Klausel, mit der der Versicherungsschutz auf Heilbehandlungen innerhalb zweier Jahre ab dem Unfalltag eingeschränkt wurde, war daher unwirksam und die Versicherung wurde zur Übernahme der Kosten sowohl der Nachbehandlung als auch des Rehabilitationsaufenthalts verurteilt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

BG Leopoldstadt 19.8.2008, 43 C 110/08x
Klagevertreter: Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH, Wien

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