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Rechtsschutzversicherungen unter Druck - Verjährungseinwand bei Fonds unzulässig

Das Handelsgericht Wien verwirft in einem aktuellen Musterprozess des VKI den Verjährungseinwand der D.A.S. Rechtschutzversicherung bei Fondsbeteiligungen. Rechtschutzversicherungen gehen damit zunehmend die Begründungen für Deckungsablehnungen aus.

Ein Pensionist hatte im September 2003 als Altersvorsorge eine Beteiligung an einem geschlossenen Fonds gezeichnet. Für das Jahr 2011 wurden die vorgesehenen Ausschüttungen aus dem Fonds reduziert, ab dem Jahr 2012 entfielen sie gänzlich. Im August 2014 wurde der Konsument von der TVP aufgefordert, 70 % der Ausschüttungen zurück zu zahlen.

Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung lehnte eine Deckung im Oktober 2014 wegen Verjährung des Deckungsanspruches ab.

Der VKI unterstützte den Konsumenten bei seiner Deckungsklage im Auftrag des Sozialministeriums und bekam nun beim HG Wien Recht. Die Verjährungsfrist kann erst dann beginnen, wenn ein Konsument mit der Entstehung von Rechtskosten für die Verfolgung seiner Ansprüche rechnen muss.

Damit liegt ein weiteres wichtiges Urteil im dauerhaften Streit mit Rechtsschutzversicherungen vor. Diese beriefen sich in den letzten Jahren auf diverse Ausschlussgründe und mussten dabei empfindliche Niederlagen einstecken. Die Heranziehung bestimmter Ausschlussgründe für Deckungsablehnungen ist im Lichte der Rechtsprechung demnach unberechtigt.

Der Spekulationsausschluss ist weder bei Fremdwährungskrediten noch bei geschlossenen Fonds anwendbar, dies ist mittlerweile durch Urteile des Obersten Gerichtshofes (OGH) klargestellt - vgl. dazu: 7 Ob 210/14d (Fonds) und 7 Ob 191/14k (Fremdwährungskredite).

Der Gesellschaftsrechtsausschluss ist beim Erwerb von geschlossenen Fonds nicht anwendbar (OLG Wien 30 R 23/14v rechtskräftig).

Der Einwand mangelnder Erfolgsaussichten ist in den allermeisten Fällen unberechtigt (OGH 7 Ob 191/14k). Analog zur Verfahrenshilfe hat man sich dabei am Begriff "nicht offenbar aussichtslos" des § 63 ZPO zu orientieren, es ist kein strenger Maßstab anzulegen.

Eine Verletzung der Auskunftsobliegenheit wurde von Gerichten bereits mehrfach verworfen (u.a. OGH 7 Ob 210/14d).

Der Einwand einer sonstigen Erwerbstätigkeit wurde von Gerichten ebenfalls zurückgewiesen (u.a. OGH 7 Ob 210/14d).

Im Erwerb einer Kommanditbeteiligung bei einem geschlossenen Fionds liegt auch keine anzeigepflichtige Gefahrenerhöhung vor (OGH 7 Ob 2010/14d)

Der Bauherrenausschluss kommt bei der Finanzierung von Reihenhäusern nicht zur Anwendung (OGH 7 Ob 191/14k mit der erstinstanzlichen Entscheidung HG Wien 30 Cg 103/12t ).

Der Einwand hinsichtlich Verjährung des Deckungsanspruches wurde auch bei Ansprüchen aus Prospekthaftugn zurückgewiesen. Die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung bei Prospektmängeln muss sich durch das zuvor erfolgte Ausbleiben von Ausschüttungen nicht abzeichnen (OLG Wien 30 R 23/14v rechtskräftig). Das OLG Wien hat zudem den Verjährungseinwand auch beim Erwerb von Fondsbeteiligungen als unbegründet beurteilt OLG Wien 21.7.2015, 1 R 77/15y).

Das aktuelle Urteil des HG Wien ist nicht rechtskräftig (Stand: 2.9.2015).

HG Wien 20.8.2015, 10 Cg 17/15b
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Klagevertreter: Dr. Sebastian Schumacher

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