Zum Inhalt

PIP-Brustimplantate: TÜV Rheinland zu 60 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt

Gericht in Toulon spricht 69 geschädigten Frauen aus Österreich je 3000 Euro vorläufigen Schadenersatz zu.

Der TÜV Rheinland wurde am 20.1.2017 vom Handelsgericht Toulon zur Zahlung von 60 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt. Den Geschädigten Frauen (9148 Klägerinnen) wurden je 3000 Euro Vorschuss auf Schadenersatz zugesprochen, darunter auch 69 Frauen aus Österreich, die vom VKI unterstützt werden. TÜV Rheinland aus Deutschland und TÜV France hatten die fehlerhaften Implantate des französischen Herstellers PIP zertifiziert.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt - im Auftrag des Sozialministeriums - eine Sammelaktion für 69 Frauen, die durch Brustimplantate der französischen Firma PIP (Poly Implant Prothése) geschädigt wurden. Die Geschädigten aus Österreich werden gegen den TÜV, der die fehlerhaften PIP-Implantate zertifizierte, gegen die Allianz als Haftpflichtversicherer von PIP und gegen die vermeintlichen Täter durch den VKI vertreten, ohne selbst ein Kostenrisiko tragen zu müssen.

Verfahren gegen den TÜV Rheinland und TÜV France:

Am 20.1.2017 verurteilte das Handelsgericht Toulon den TÜV Rheinland und den TÜV France zu 60 Millionen Schadenersatz. Den geschädigten Frauen (9148 Klägerinnen) wurden je 3000 Euro Vorschuss auf Schadenersatz" zugesprochen. Unter den Klägerinnen befinden sich 69 Geschädigte aus Österreich, die der VKI - in Zusammenarbeit mit der französischen Rechtsanwältin Mag. Sigrid Preissl-Semmer - in der "Sammelklage" nach französischem Recht gegen den TÜV-- vertritt. Den Österreicherinnen wurde ein vorläufiger Schadenersatz in Höhe von 3000 Euro zugesprochen.

Der TÜV kündigte umgehend Berufung an. Es handelt sich daher um einen vorläufigen (nicht rechtskräftigen) Zuspruch, der nicht vollstreckt werden kann, bis die Entscheidung des Präsidenten des Berufungsgerichts von Aix en Provence zur vorläufigen Auszahlung ergeht.

Bereits im November 2013 hatte das selbe Gericht den TÜV zur Zahlung von Schadenersatz an 1.700 betroffene Frauen verurteilt und den damals klagenden Geschädigten auch einen vorläufigen Schadenersatz von je 3000 Euro zu gesprochen. Der TÜV hätte PIP nicht bzw. nicht ausreichend geprüft und gegen seine "Kontroll- und Aufsichtspflichten" verstoßen. Das Berufungsgericht in Aix en Provence hob das Urteil am 2.Juli 2015 auf. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, die Geschädigten brachten eine Beschwerde beim Höchstgericht (Kassationsgerichtshof) ein. Das Verfahren ist noch anhängig.

Der TÜV hatte stets betont, selbst vom Hersteller der PIP-Implantate getäuscht worden zu sein. 

Strafverfahren

PIP-Gründer Jean-Claude Mas wurde in zwei Prozessen des Betrugs (nicht rechtskräftig) an den betroffenen Frauen und am TÜV schuldig gesprochen.

69 Geschädigte aus Österreich haben sich - über den VKI - dem Strafverfahren wegen vorsätzlicher Täuschung und wegen Betrug gegen den Gründer und vier leitende Angestellte von PIP angeschlossen. Diese wurden am 10.12.2013 in zweiter Instanz (nicht rechtskräftig) schuldig gesprochen; den Geschädigten wurden Ansprüche auf Schadenersatz zuerkannt. Nach Rechtskraft eines Urteils können diese Ansprüche aus einem entsprechenden Fonds in Frankreich ("SARVI" = Service d'aide au recouvrement en faveur des victimes d'infractions) zum Teil befriedigt werden.

Klagen gegen den Haftpflichtversicherer

Darüber hinaus führt der VKI gegen den Haftpflichtversicherer von PIP - die französische Allianz Versicherung mit Sitz in Paris - 69 Klagen, um auch auf diesem Weg den Schadenersatz für die geschädigten Österreicherinnen durchzusetzen.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

This could also be of interest:

Keine Warnpflicht bei Müsliriegel

Der Kläger beschädigte sich beim Essen eines Müsliriegels einen Zahn. Das Produkt enthielt keinen Warnhinweis darauf, dass Schalen von Mandeln oder Nüssen enthalten sein könnten. Die Klage gestützt auf Produkthaftung wurde abgewiesen. Es entspreche der allgemeinen Erfahrung, dass in Müsliprodukten, denen eine gewisse Kernigkeit und Stückigkeit immanent sei, Kern- und Schalenteile enthalten sein könnten.

Verarbeitung eines Fotos "zu Verwaltungszwecken" intransparent

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die MediClass Gesundheitsclub GmbH. Diese betreibt eine vorsorgemedizinische Einrichtung. Inhalt des Verfahrens waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Thema Datenschutz und Haftungsausschluss.

Irreführende Geschäftspraktik und unzulässige Klauseln der Vitalakademie

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die akademie mea vita gmbh (Vitalakademie), die unterschiedliche Ausbildungen etwa im Ernährungs- und Fitnessbereich anbietet, geklagt. Der VKI beanstandete, dass die Vitalakademie bei ihrem Lehrgang "diplomierter Ernährungstrainer" unzureichend über die Kompetenzen eines Ernährungstrainers aufklärte. Das Oberlandesgericht (OLG) Linz bestätigte eine irreführender Geschäftspraktik. Daneben erklärte das Gericht auch alle 29 vom VKI eingeklagten AGB-Klauseln für gesetzwidrig.

Keine Diskriminierung im Vertrag zwischen Brustimplantat-Hersteller und Versicherung

In einem Vertrag zwischen dem Hersteller von fehlerhaften Brustimplantaten (PIP) und einem Versicherungsunternehmen (Allianz) befand sich eine Klausel, die die geografische Reichweite der Deckung der Haftpflichtversicherung für diese Produkte auf Schäden beschränkt, die im Gebiet eines einzigen EU-Mitgliedstaats (Frankreich) eintreten. Eine Frau, die sich in Deutschland Brustimplantate von PIP einsetzen ließ, klagte die Versicherung und brachte vor, dass diese Klausel eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit bedeute. Der EuGH verneinte nun einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Haftungseinschränkungen von privatem Gesundheitszentrum unzulässig

Das Gesundheitszentrum MediClass kann seine Haftung für sämtliche Schäden, die durch Ärzte des Gesundheitszentrums verursacht werden, nicht wirksam ausschließen oder einschränken. Ebenfalls unzulässig wurde eine datenschutzrechtliche Zustimmungserklärung in den AGB beurteilt.

Zum Seitenanfang