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OGH zu Dragon FX Garant

Der OGH weist die Revison des VKI in der Verbandsklage wegen irreführender Werbung zum Dragon FX formell zurück und befasst sich nur kurz und nicht abschließend mit dem Anlageprodukt. Die Werbeaussagen der Aviso Zeta Bank (vormals Constantia Privatbank) im Werbefolder seien im beanstandeten Umfang nicht irreführend. Es bleibt damit ungeklärt, inwieweit eine Haftung der Bank für die massiven Anlegerschäden gegeben ist.

Die Aviso Zeta Bank AG (vormals Constantia Privatbank AG) bewarb im Jahr 2006 in einem Werbefolder das Asien Währungszertifikat "Dragon FX Garant" u.a. mit "100 % Kapitalgarantie", Große Chancen - kein Risiko und "Enormes Potential und 100-prozentige Sicherheit". Das Anlageprodukt wurde "in Partnerschaft mit Lehman Brothers" begeben. Es handelte sich dabei um ein strukturiertes anleiheähnliches Instrument, das die Möglichkeit bieten sollte an der potentiellen Aufwertung bestimmter südostasiatischer Wäherungen zu partizipieren.

Die "100 % Kapitalgarantie" wurde dahingehend beschrieben, dass es trotz des hohen Ertragspotentials für den Anleger kein Verlustrisiko gebe, weil eine Garantie für das gesamte eingesetzte Kapital vorhanden sei. Im Folder wurde zwar die Emittentin der Anleihe genannt (Lehmann Brothers Treasury Co BV), nicht aber der Garantiegeber (die "Großmuttergesellschaft" Lehman Brothers Holding Inc.).

Ende September 2008 hatte die Garantin und in der Folge auch die Emittentin Konkurs angemeldet, wodurch das im Produkt veranlagte Kapital weitgehend verloren ging. In der Folge hatte der VKI im Auftrag des BMASK eine Klage wegen irreführender Werbung und wegen Unzulässigkeit des im Werbefolder enthaltenen Haftungsausschlusses eingebracht.

Das OLG Wien hatte in seinem Urteil zwar den Haftungsausschluss der Bank als unzulässig beurteilt, den Vorwurf der irreführenden Werbung im Werbefolder aber zurückgewiesen. Dabei war es davon ausgegangen, dass sich die geltend gemachte Irreführung nur auf die Person des Garanten und nicht auch auf den Eindruck beziehen würde, dass das Produkt absolut sicher sei.

Der OGH weist das Rechtsmittel des VKI nunmehr zurück, weil angeblich keine wesentliche Rechtsfrage vorliegen würde.

Der OGH geht dabei nur kurz auf die Problematik des Dragon FX ein. Demnach sei eine Werbung mit Kapitalgarantie und Risikolosigkeit, die keinen Hinweis auf die Identität des Garanten enthält (also keinen Hinweis, dass es sich bei Emittent und Garant um Lehmann Firmen handelt) von vornherein nicht geeignet, falsche Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Emittent und dem Garanten hervorzurufen. Zudem hätte zwischen der in der Werbebroschüre beworbenen Sicherheit und den tatsächlichen Verhältnissen (also der Bonität der Emittentin) zum Zeitpunkt der Werbeankündigung kein Widerspruch bestanden, weil das Bonitätsrisiko bloß von theoretischer, vernachlässigbarer Natur gewesen sei.

Die Kurzeinschätzung des OGH ist hinsichtlich der Irreführungseignung der Werbeaussagen nicht nachvollziehbar. Sie vernachlässigt außerdem, dass die konzernmäßige Verflechtung von Emittent und Garant schon von Natur aus zu einer Risikoerhöhung führt. Bei verbundenen Gesellschaften ist die Gefahr von Folgekonkursen wie die Praxis zeigt wesentlich höher, weshalb eine Information darüber wesentlich ist. Außerdem ist der Werbefolder sehr wohl im Sinn einer Garantenstellung der beklagten Bank verstehbar, auch das Interesse des Anlegers an einem insofern "österreichischen" Produkt ist praxisnahe.

Durch diese vor allem formelle Zurückweisung durch den OGH fehlt überdies eine Beurteilung der Werbeaussagen, ob die Angaben zur 100 %igen Sicherheit im Hinblick auf das Insolvenzrisiko des Garantiegebers für sich falsch sind. Immerhin ist es gerade für den unerfahrenen und oft auch sicherheitsorientierten Anleger wohl zumeist unbekannt, dass bei derartigen Webeaussagen das Risiko einer Insolvenz des Garanten weiterhin vom Verbraucher zu tragen ist. 

Bereits das OLG Wien hatte trotz seiner grundsätzlich abweisenden Entscheidung darauf hingewiesen, dass eine Irreführung durch den Werbefolder insofern vorliegen könne, als durch die vollkommene Relativierung der Aussagen am Ende der Broschüre eine davor dargestellte Information unrichtig sein könnte. Dies könnte Verbraucher über Umstände täuschen, in deren Kenntnisse sie das Veranlagungsprodukt von vornherein nicht abgeschlossen hätten (vgl. OLG Wien 25.5.2010, 4 R 11/10g, Seite 13).

Die laufenden Einzelverfahren werden sich daher weiterhin mit der Frage zu beschäftigen haben, inwieweit durch den Prospekt ausreichend und richtig auf die bestehenden Risken hingewiesen wurde. Ob und wer für die Anlegerschäden haftet, bleibt daher weiterhin offen.

OGH 15.12.2010, 4 Ob 176/10a
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Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser 

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