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OGH verneint Haftung der Anlegerentschädigung für AvW-Genussscheine

Dem AvW-geschädigten Kläger wurden vom Obersten Gerichtshof keine Zahlung von € 20.000,00 aus dem Entschädigungstopf der Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen (AeW) zugesprochen.

Der Kläger erwarb im Jahr 1996 Genussscheine der AvW Invest AG und in den Jahren 2002 bis 2008 Genussscheine der AvW Gruppe AG. Über beide Gesellschaften wurde am 4.05.2010 der Konkurs eröffnet. Die AvW Invest AG war ab Gründung der Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH im Jahre 1999 bis zum Ausschluss im November 2008 nach Erlöschen ihrer Konzession deren Mitglied.

Das System der Anlegerentschädigung für Wertpapierfirmen wurde erst im Jahre 1999 aufgrund einer EU-Richtlinie geschaffen und wurde eine Rückwirkung auf ab dem 26.09.1998 eingetretene Entschädigungsfälle bestimmt. AvW-Genussscheine, die vor diesem Zeitpunkt gekauft wurden, unterliegen generell nicht dem Schutz dieser Entschädigungseinrichtung.

Etwas anders fällt die Begründung des Gerichts für die zwischen 2002 und 2008 erworbenen Genussscheine des Klägers aus: Der Kläger hat lediglich in erster Instanz behauptet, die beiden Gesellschaften seien „verbunden“ gewesen. Ein konkretes Vorbringen insbesondere hinsichtlich der behaupteten Umgehungskonstruktion wurde nicht erstattet. Auch wurde nach Ansicht des OGH nicht ausreichend dargelegt, warum die AvW Invest AG auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen geschuldete Gelder zurückzuzahlen. Jedenfalls sind Ansprüche aus Fehlberatung nicht Gegenstand der Anlegerentschädigung.

Die Frage, ob die Anlegerentschädigung auch bei einer Konkurseröffnung nach dem Ausscheiden eines Mitglieds zahlungspflichtig sein kann, wurde und mußte vom OGH nicht beantwortet werden. Es sind jedoch weitere Musterverfahren zur Frage der Haftung der AeW in verschiedenen Konstellationen anhängig.

Es bleibt deshalb ua. abzuwarten, wie der OGH bei AvW-Genussscheinen, die in der Zeit von Ende 1998 bis Mitte 2001 erworben wurden und bei denen die Erwerber das Umtauschangebot der AvW Gruppe AG nicht angenommen haben, entscheidet. Ebenso spannend bleibt die Entscheidung des Höchstgerichts, sollte es einem Klagsvertreter gelingen, die wirtschaftliche Einheit von AvW Invest und AvW Gruppe AG zu beweisen – was allerdings den Masseverwaltern für die Frage, ob beide Gesellschaften für die Abwicklung in der Insolvenz aufgrund dieser wirtschaftlichen Einheit zusammengelegt werden können, beim OGH nicht gelungen ist.

OGH 31.01.2013, 1 Ob 242/12p
Klagevertreter: Mag. iur. Oliver Lorber, RA in Klagefurt

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