Zum Inhalt

OGH-Urteil in der "Aliud"-Frage bei MEL-Zertifikaten

Geschädigte MEL-Anleger haben vor dem OGH nicht Recht bekommen: Die Meinl-Bank hat kein Aliud ("falsches Produkt") geliefert und den Vertrag deshalb erfüllt.

Die Lieferung von MEL-Zertifikaten anstelle von MEL-Aktien berechtigt somit nicht zum Rücktritt vom Vertrag mit der beklagten Meinl-Bank.

Die Frage laut Obersten Gerichtshof war, wie die beklagte Meinl-Bank bei objektiver Betrachtungsweise die Kaufaufträge der klägerischen Anleger - in denen nicht von "Aktien" die Rede ist - verstehen musste.

Abgestellt wurde auf die Werbematerialien der Meinl-Bank, da sie typischerweise solchen Kaufaufträgen zugrunde liegen. Dort werden die Wertpapiere zwar "Aktien" genannt, es wird aber gleichzeitig auf den Börsenkurs abgestellt, indem mit den in den vorangegangenen Jahren stets erzielten Kurssteigerungen geworben wird. Damit war klar, dass es sich um die auf dem Kapitalmarkt tatsächlich vorhandenen Papiere handelte. Die beklagte Bank konnte daher die Erklärung der Kläger objektiv nur so verstehen, dass sie das von der Beklagten tatsächlich angebotene, auf dem österreichischen Kapitalmarkt handelbare Wertpapier kaufen wollten. Dem hat sie zugestimmt.

Damit wurden die ADC ("Austrian Depositary Certificates", liquide und börsefähige Wertpapiere) Vertragsgegenstand. Die in den Verkaufsprospekten aufscheinende Bezeichnung "Aktie" spielt dabei keine Rolle.

Der OGH hat jedoch letztendlich betont, dass die Kläger sich nicht auf eine Irreführung über den Vertragsinhalt gestützt haben, sodass nähere Ausführungen dazu unterbleiben konnten. Hätten sich nämlich die Kläger im Irrtum über den Vertragsgegenstand befunden und ein Vorbringen hierzu erstattet, wäre der Kaufvertrag anzufechten gewesen.

Allerdings haben die meisten MEL-Anleger die Bank wegen Irrtums oder Schadenersatzes geklagt. Auf diese Verfahren hat der OGH-Spruch keine Auswirkungen. Lediglich Rückabwicklungsklagen ehemaliger MEL-Anleger aufgrund der Lieferung eines falschen Produkts ("Aliud") sind nun nach dem Höchstgericht erfolglos. Damit ist auch klar, dass kein Anleger mehr in den Genuss der langen, 30-jährigen Verjährungsfrist kommt. 

OGH 22.11.2011, 4 Ob 93/11x

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht ablehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Urteil zur vorzeitigen Kreditrückzahlung

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums ein Verfahren gegen die Unicredit Bank Austria AG. Es geht in dem Verfahren um die Frage, ob bei vorzeitiger Kreditrückzahlung auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig zurückerstattet werden müssen und ob dies auch für die Rechtslage vor dem 1.1.2021 gilt. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI Recht und bestätigte, dass auch nach der alten Rechtslage bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig von der Bank zurückzuerstatten sind. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

VKI-Erfolg gegen Online-Broker DEGIRO

DEGIRO B.V. ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden, der auf „degiro.at“ eine Online-Trading-Plattform anbietet, über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums DEGIRO wegen diverser Klauseln in den Geschäftsbedingungen geklagt. Nachdem bereits das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien dutzende Klauseln als unzulässig beurteilt haben, liegt nun die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor: Das Höchstgericht erachtet 48 Klauseln als gesetzwidrig.

Zum Seitenanfang