Zum Inhalt

OGH: Papierrechungsentgelt ("Umweltbeitrag") bei Mobilfunkbetreibern gesetzwidrig

Der OGH hat über Verbandsklage des VKI entschieden: Papierrechnungsentgelte sind gesetzwidrig. Der VKI bietet - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - eine kostenlose Sammelaktion zur Rückforderung an.

T-Mobile hatte im Sommer 2010 die Geschäftsbedingungen geändert und folgende Klausel eingefügt: "Ich stimme zu, dass ich meine T-Mobile Rechnung ausschließlich auf elektronischem Weg übermittelt erhalte. Sollte ich eine Rechnung in Papierform wünschen, kann T-Mobile einen Umweltbeitrag verrechnen." Unter der Überschrift "sonstige Einmalentgelte" wurde dieser Umweltbeitrag mit Euro 1,89 (pro Papierrechnung!) ausgewiesen.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ging - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - dagegen mit Verbandsklagen vor und bekam bislang in allen Unterinstanzen Recht. Blieb dennoch das Warten auf eine Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH).

Nun hat der OGH entschieden: Das Papierrechnungsentgelt (der sog "Umweltbeitrag") verstößt klar gegen gesetzliche Verbote und gegen die guten Sitten. Die Klausel ist für den Verbraucher gröblich benachteiligend, intransparent und überraschend. Der Kunde rechne nicht damit, dass ein Unternehmer für eine Nebenleistungspflicht ein zusätzliches Entgelt verlange. Die Papierrechnung ist vielmehr eine Bringschuld des Unternehmers, deren Kosten er allenfalls in das Gesamtentgelt einzurechnen habe.

Entgegen der Behauptung von T-Mobile ist eine Papierrechnung durchaus noch üblich und vom Gesetzgeber erwünscht. Dies zeige auch die kürzlich in Kraft getretene Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG, § 100), wonach die Möglichkeit eine unentgeltliche Rechnung in Papierform zu erhalten, vertraglich nicht ausgeschlossen werden dürfe. Außerdem rechtfertige weder die von T-Mobile behauptete Förderung ökosozialer Ziele, noch die von T-Mobile ins Treffen geführte flächendeckende Internetnutzung der ÖsterreicherInnen ein derartiges Zusatzentgelt: Eine bloß elektronisch zur Verfügung gestellte Rechnung ist kein gleichwertiges Äquivalent zur Papierrechnung. Dem Kunden - mit oder ohne Internetzugang - blieben Kosten und Mühen, zumal er aktiv werden müsse, um seine Rechnung via Internet abzurufen. Die Rechnung werde daher häufig uneingesehen bleiben, was eine allfällige Rechtsverfolgung (zB Rechnungseinspruch) erschwere. Damit sei das Papierrechnungsentgelt für den Kunden - ohne dass dies sachlich gerechtfertigt wäre - gröblich benachteilend; außerdem intransparent und überraschend.

Dieses Urteil wirkt unmittelbar nur gegen T-Mobile. Es ist aber für alle Unternehmen in Österreich ein klares Signal, zu Unrecht verrechnete Papierrechnungsentgelte an ihre Kunden zurückzuzahlen.

News Papierrechnung anderer Anbieter
  Hutchison 3
  UPC 
 

Der VKI bietet nun - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - eine kostenlose Sammelaktion zur Rückforderung zu Unrecht bezahlter Zahlscheinentgelte an.

OGH 28.2.2012 4 Ob 141/11f
 Volltextservice
 Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht ablehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Urteil zur vorzeitigen Kreditrückzahlung

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums ein Verfahren gegen die Unicredit Bank Austria AG. Es geht in dem Verfahren um die Frage, ob bei vorzeitiger Kreditrückzahlung auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig zurückerstattet werden müssen und ob dies auch für die Rechtslage vor dem 1.1.2021 gilt. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI Recht und bestätigte, dass auch nach der alten Rechtslage bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig von der Bank zurückzuerstatten sind. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

VKI-Erfolg gegen Online-Broker DEGIRO

DEGIRO B.V. ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden, der auf „degiro.at“ eine Online-Trading-Plattform anbietet, über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums DEGIRO wegen diverser Klauseln in den Geschäftsbedingungen geklagt. Nachdem bereits das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien dutzende Klauseln als unzulässig beurteilt haben, liegt nun die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor: Das Höchstgericht erachtet 48 Klauseln als gesetzwidrig.

Zum Seitenanfang