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Klage gegen Anlageberater: Kein Mitverschulden des Anlegers durch Nichtannahme des Vergleichsanbots einer Bank

OGH verneint ein Mitverschulden in Form der Nichtannahme von Vergleichsangeboten Dritter.

Dem Verfahren liegen Schadenersatzansprüche einer Konsumentin zugrunde, die infolge fehlerhafter Beratung MEL-Zertifikate erworben hatte. Der beklagte Anlageberater wandte ua ein Mitverschulden der Klägerin ein, weil sie im März 2012 ein Vergleichsangebot der Meinl Bank nicht angenommen habe. Darin wurde der Klägerin die Zahlung einer Vergleichsquote iHv 15 % des in die MEL-Zertifikate investierten Betrags angeboten, wenn sie hinsichtlich etwaiger Ansprüche gegen die Meinl Bank AG, Meinl Success AG und Julius Meinl eine Verzichtserklärung abgebe und allfällige Ansprüche abtrete, die sie gegen Dritte iZm MEL haben könnte, insb gegen Atrium, die Nachfolgegesellschaft von MEL. Für den Fall einer Einklagung dieser abgetretenen Ansprüche gegen Atrium durch die Meinl Bank würde die Klägerin 40 % eines etwaigen Prozesserfolgs erhalten.

Nach dem OGH liegt in der Nichtannahme des Vergleichsangebots der Meinl Bank kein Verstoß der Klägerin gegen ihre Schadenminderungsobliegenheit. Grund dafür ist, dass der Anlegerin zugebilligt werden müsse, sich allfällige Ansprüche bzw Klagsführungen gegen die im Vergleichsanbot genannten Personen vorzubehalten und etwaige höhere Prozesschancen im Vergleich zu einem doch eher niedrigen Vergleichsanbot zu prüfen. Der OGH wies überdies darauf hin, dass die Annahme des Vergleichsanbots infolge der Verpflichtung zur Abtretung an die Meinl Bank sogar die Gefahr mit sich gebracht hätte, auch die Ansprüche gegen den beklagten Anlageberater zu verlieren.

OGH 20.12.2012, 2 Ob 238/12g

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