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Holland 44: Bank muss für Falschberatung Schadenersatz leisten

LG Klagenfurt bejaht Haftung der vermittelnden Bank wegen Fehlberatung bei Erwerb von Beteiligungen an Holland-Fonds und verurteilt die BKS zur Zahlung.

Die Anleger, ein Ehepaar, erwarben über Beratung der BKS im Jahr 2003 Beteiligungen am Holland 44 in Höhe von jeweils Euro 17.000 zuzüglich 5 % Agio.

Zuvor waren sie von ihrer Kundenbetreuerin bei der BKS zu einer "Informationsveranstaltung" von MPC eingeladen worden. Die Veranlagung der Abfertigungszahlung sollte nach Wunsch der Anleger größeren Ertrag als auf einem Sparbuch abwerfen, aber jedenfalls kapitalerhaltend sein. Auf ein etwaiges Totalverlustrisiko und den Umstand, dass sie durch Zeichnung der Beteiligung Kommanditisten einer deutschen GmbH&Co KG werden, wies die Bankberaterin nicht hin. Wären sie ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätten die Anleger die Abfertigung auf dem Sparbuch belassen oder in Staatsanleihen investiert.

Das LG Klagenfurt geht - unter Verweis auf die E des OLG Wien 4 R 27/14s - von einem klaren Beratungsfehler der Bank aus. Über das Totalausfallsrisiko wurde nicht ausreichend aufgeklärt. Damit hat die Bank gegen ihre Pflichten zur vollständigen Aufklärung über alle für den Anlageentschluss wesentlichen Umstände verstoßen, da der Anleger, wenn er nicht alle Risiken kennt, gerade nicht in die Lage versetzt wird, beurteilen zu können, ob er sich auf die ihm empfohlene Anlageform einlassen soll.

Der Schadenersatzanspruch ist nicht verjährt: Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt nach Ansicht des LG Klagenfurt nicht schon mit Verringerung der Ausschüttungen im Jahr 2008 (Kursschwankungen). Dass die Anleger deshalb das Risikopotential noch nicht erkannt haben, ist ihnen nicht vorzuwerfen, zumal sie durch ein Schreiben der TVP vom Nov 2008 beschwichtigt wurden. Die Verjährungsfrist hat erst zu laufen begonnen, als sie - im Jahr 2012 - durch ihren Berater erfuhren, dass sie nach Ablauf der von ihnen angenommenen Veranlagungsdauer von 10 Jahren voraussichtlich nicht einmal ihr eingesetztes Kapital zurückerhalten würden.

Das Versprechen einer jährlichen Rendite von rund 7 % im Jahr 2003 und damit lange vor der Finanzkrise wird vom LG Klagenfurt keineswegs als irreal hohes Gewinnversprechen angesehen, aufgrund dessen die Anleger von einer besonders hohen Risikoträchtigkeit der Veranlagung ausgehen mussten. Ein gleichteiliges Mitverschulden (§ 1304 ABGB) nimmt das Gericht aber in Hinblick auf die langjährige berufliche Tätigkeit des Klägers als Versicherungsvertreter und das ungelesene Unterfertigen der Beitrittserklärungen an, das sich auch die Ehefrau zurechnen lassen müsse.

Verurteilt wurde die Bank auf Schadenersatz in Höhe von 50 % des ursprünglichen Veranlagungsbetrags inkl Agio und zur Zahlung von 4 % für eine hypothetische Sparbuchveranlagung. Den von der Bank erhobenen Einwand der Untunlichkeit der Naturalrestitution (Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus dem Treuhandvertrag) hat das LG Klagenfurt verworfen: Der Bank sei es vielmehr durchaus zumutbar, eine - ohnedies treuhändig verwaltete - Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft zu halten, auch wenn dies mit erhöhtem Personaleinsatz für sie verbunden ist.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 27.1.2015).
LG Klagenfurt 15.1.2015, 50 Cg 56/13b
Klagsvertreter: Rechtsanwaltskanzlei LIKAR GmbH, Graz

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