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Haftung von Rating-Agenturen für Schäden der Anleger

Wenn ein Rating durch eine Rating-Agentur fahrlässig erstellt wurde, ein Anleger nachweislich auf Grund des Ratings eine Kaufentscheidung getroffen hat und ihm dadurch in der Folge ein Schaden entstanden ist, haftet die Rating-Agentur nach deutschem und österreichischem Recht für den gesamten Schaden.

Das Rating für die Lehman Brothers Holding Inc. war bis zum Tag der Anmeldung des Gläubigerschutzverfahrens am 15 September 2008 hervorragend, obwohl schon Ende Mai 2008 eine Rekordverschuldung des Unternehmens bestand. Das ist eines von vielen Beispielen die darauf hindeuten, dass es zu einer sorgfaltswidrigen Bewertung durch Rating-Agenturen gekommen ist, deshalb haben die Wirtschaftsanwälte Gerhard Wildmoser (Wildmoser/Koch & Partner Linz/Wien), Jan Schiffer (Schiffer & Partner, Bonn) und Bernd Langoth, RA-Anwärter bei Wildmoser/Koch & Partner aus Österreich und Deutschland sich mit der Frage nach der Haftung von Rating-Agenturen auseinandergesetzt und einen Artikel in der nächsten Ausgabe der renommierten deutschen Fachzeitschrift "Recht der internationalen Wirtschaft" veröffentlicht.

Ihr Ergebnis: Wenn ein Rating durch eine Rating-Agentur fahrlässig erstellt wurde, ein Anleger nachweislich auf Grund des Ratings eine Kaufentscheidung getroffen hat und ihm dadurch in der Folge ein Schaden entstanden ist, haftet die Rating-Agentur nach deutschem und österreichischem Recht für den gesamten Schaden.

Die Wirtschaftsjuristen gehen davon aus, dass der Ratingvertrag zwischen Emittenten und Rating-Agentur Schutzwirkungen zu Gunsten der Anleger entfaltet, denn die Ratings der Agenturen wurden vielfach als Grundlage für die Entscheidung von Anlegern herangezogen. Ähnlich wie Wirtschaftsprüfer haben Rating-Agenturen eine Expertenstellung. Die beabsichtigte Drittwirkung von Ratings ist aber noch viel stärker ausgeprägt als bei Wirtschaftsprüfern "was umso mehr für eine Haftung der Rating-Agenturen spricht."

Rating-Agenturen haben durch EU-Richtlinien eine verstärkte Bedeutung und Stellung erhalten und mussten sich im Gegenzug gewissen Kardinalstugenden, Sachkenntnis, Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Objektivität unterwerfen sowie bestimmte Kriterien erfüllen.

"Die allumfassenden Haftungsfreizeichnungen der Rating-Agenturen sind unwirksam, sodass bei Verletzung der Kardinalpflichten bereits leichte Fahrlässigkeit zur Haftung der Rating-Agentur führen kann.", heißt es in dem Artikel.

Eine Haftung der Rating-Agenturen wird auch schon bei leichter Fahrlässigkeit vorliegen, da das Anlegerschutzbedürfnis besonders hoch ist. Die Anleger sind in Wahrheit einem wesentlich größeren Risiko ausgesetzt als der Emittent selbst.
 
Ein Anleger muss im Fall einer Klage, allerdings einen Kausalitätsnachweis erbringen, dh. dass das Rating für sein Investment entscheidend gewesen ist. Eine entsprechend nachvollziehbare Dokumentation ist daher empfehlenswert. Allerdings spricht nach Meinung der Experten schon alleine die bestehende faktische Bedeutung von Rating-Agenturen bei Investitionsentscheidungen dafür, dass ein solcher Kausalitätsbeweis auch vor Gericht gelingt.

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