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Gesetzwidrige Klauseln in diversen Erste Bank-AGB

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG. Inhalt des Verfahrens sind Allgemeine Geschäftsbedingungen für das Internetbanking "George", für Sparbücher und für Sparbuchschließfächer. Vom VKI wurden vor allem Klauseln im Zusammenhang mit der Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen und mit der Verzinsung von Sparbüchern kritisiert.

Mehrere Klauseln betreffen die Haftungsfragen im Zusammenhang mit nicht autorisierten Zahlungsvorgängen. Verlangt die Bank keine sogenannte starke Kundenauthentifizierung ("2-Faktor-Authentifizierung"), haftet nach dem Gesetz der Zahler in Missbrauchsfällen in aller Regel nicht. Diese Regelung trat in Österreich am 1.6.2018 in Kraft. Die Erste Bank argumentierte im Verfahren, dass diese gesetzliche Bestimmung nur aus einem Redaktionsversehen des österreichischen Gesetzgebers bereits 2018 und nicht erst 2019 in Kraft trat.

Dem erteilt das OLG Wien eine Abfuhr: Bereits seit 1.6.2018 bestand für die Banken die Obliegenheit, eine solche starke Kundenauthentifizierung zu verlangen. Damit ist klargestellt, dass Banken, die ab 1.6.2018 keine starke Kundenauthentifizierung verlangten, im Missbrauchsfällen das Haftungsrisiko tragen und dass das auch schon für die Zeit vor September 2019 gilt. Seit September 2019 kann bei Missachtung der starken Kundenauthentifizierung zusätzlich eine Verwaltungsstrafe verhängt werden.

Zu Sparbüchern, für die eine individuelle Zinssatzvereinbarung getroffen wurde, sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass der Zinssatz nur für 12 Monate gilt und danach um 0,5 Prozent (vermutlich gemeint Prozentpunkte) heruntergesetzt wird. Für das HG Wien liegt darin ein unzulässiges einseitiges Leistungsänderungsrecht der Erste Bank. Diese mögliche Leistungsänderung ist bei der derzeitigen Zinslage weder geringfügig noch sachlich gerechtfertigt: Die Erste Bank kann diese Zinssatzsenkung sogar dann vornehmen, wenn die Zinsentwicklung positiv ist.

Eine weitere Sparbuchklausel sieht vor, dass eine vorschusszinsenfreie Behebung der Einlage nur in der Zeit von 28 Tagen vor bis 7 Tage nach Ablauf einer im Sparbuch eingetragenen Bindungsfrist möglich ist. Laut OLG ist aus der Klausel nicht ersichtlich, dass eine Nichtbehebung des Betrages automatisch zu einer neuen Bindung der Einlage führt.

Weiters behält sich die Erste Bank das Recht vor, Spareinlagen mit zweimonatiger Kündigungsfrist aufzulösen. Dies soll auch für befristete Verträge gelten. Dies ist überraschend, weil bei befristeten Verträgen auch von nur kurzer Laufzeit Verbraucher nicht damit rechnen, dass eine Kündigungsmöglichkeit der Bank besteht. Nach dem Wortlaut der Klausel müsste der Sparer auch bei Kündigung seitens der Bank Vorschusszinsen zahlen. Dies ist gröblich benachteiligend, so das OLG Wien.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 6.10.2020).

OLG Wien 09.09.2020, 33 R 26/20s
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Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, Rechtsanwalt in Wien

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Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

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